Salzburger Nachrichten

Beim Hemde des Franitsche­k

- Alexander Purger

ICHhabe nichts gegen lange Haare. Ich habe auch nichts gegen kurze Haare. Ich habe eigentlich überhaupt nichts gegen Haare. Wenn, ja, wenn da nicht diese Sache mit dem langen, blonden Haar in der Duschtasse gewesen wäre.

Das kam so: Ich war dienstlich auf Reisen. Spät kam ich ins Hotel, bezog mein Zimmer und legte mich sofort hin. Allein, wohlgemerk­t. Als ich in der Früh ins Bad kam, sah ich plötzlich dieses lange, blonde Haar in der Duschtasse. Während ich noch darüber nachdachte, wie es in mein blank geputztes Hotelzimme­r gekommen sein könnte, stiegen düstere Visionen in mir auf.

Es läutet an der Tür zum Hotelzimme­r. Draußen stehen zwei Herren, die sich als Batic und Leitmayr vorstellen. Mordkommis­sion. Ob ich Frau Berger kenne? Berger, nie gehört, sage ich. Frau Berger sei nämlich seit letzter Nacht verschwund­en. Wo sind Sie denn letzte Nacht gewesen, fragt Batic. Na, hier im Hotel, antworte ich. Kann das irgendwer bezeugen, fragt Leitmayr. Natürlich nicht, antworte ich. Die beiden Kommissare wechseln vielsagend­e Blicke.

Als Nächstes erscheinen Polizisten in weißen Overalls und stellen das Hotelzimme­r auf den Kopf. Im Handumdreh­en haben sie das lange, blonde Haar in der Duschtasse entdeckt. Professor Boerne, der mittlerwei­le auch da ist, kann es binnen Millisekun­den Frau Berger zuordnen. Das schaut nicht gut für Sie aus, sagt Kommissar Thiel, während sich sein Vater einen Joint dreht.

Schnell ermittelt Chefinspek­torin Schnell, dass ich mit Frau Berger im gleichen Kindergart­en war. Ich weiß nicht, was ich entsetzlic­her finde: Ihren verurteile­nden Blick oder das Hemd ihres Kollegen Franitsche­k. Aber ich bin unschuldig, rufe ich. Das sagen sie alle, erklärt Kommissari­n Lindholm und tut so, als wäre sie eine Schauspiel­erin.

An der Tür steht Inspektor Columbo und grübelt noch über eine Frage nach. Für Derrick hingegen ist der Fall bereits gelöst. Harry, hol’ schon mal den Wagen, sagt er. Lesen Sie ihm seine Rechte vor, stößt Lieutenant Kojak hinter seinem Lolli hervor und lässt mich von Stavros abführen.

Und das alles wegen dieses langen, blonden Haares in der Duschtasse. Oder weil es zu viele TV-Krimis gibt.

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