Wer will „Stille Nacht“als Ganzjahresschlager hören?
Das berühmteste aller Weihnachtslieder ist, ob man will oder nicht, eine Marke. Deren Kern ist: Stille, Friede, Liebe. Er darf nicht zerstört werden.
Seit gestern rollt eine Lokomotive mit dem unübersehbaren Schriftzug „Stille Nacht“über Europas Geleise. Kommende Woche nimmt der Erzbischof persönlich die Segnung eines AUA-Flugzeugs mit dem Namen „Silent Night“vor. Was kommt als nächstes? Die „Stille-Nacht“Pistenraupe?
2018 jährt sich die Erstaufführung des berühmtesten aller Weihnachtslieder zum 200. Mal. In Vorbereitung dieses „Events“war allen Ernstes bereits die Rede vom „Ganzjahresthema Stille Nacht“. Bitte nicht! Wenn sich das Jubiläum so weiterentwickelt, wie es sich mit Lok und Flugzeug ankündigt, werden wir das Lied am Heiligen Abend 2018 wahrscheinlich nicht mehr hören können.
Salzburgs Touristiker haben eine Strategie erarbeitet: Sie wollen der Welt mitteilen, dass das Lied eine Heimat hat, die Touristen besuchen können. Und dass diese Heimat in Salzburg liegt. „Stille Nacht“und die Orte seiner Entstehung und Protagonisten sollen vermarktet werden. Darin mag eine Chance liegen für den heimischen Tourismus und jene Gemeinden, die historische Bezugspunkte zu Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber haben. Aber wenn „Stille Nacht“schon eine Marke sein soll, dann möge man sich auf den Markenkern besinnen: Stille, Friede, Liebe.
Als das Lied am Heiligen Abend 1818 in der Oberndorfer Still-Bruch . . .