Chemtrails, Numerologie und „unzensuriert“– na Mahlzeit!
Die Koalition von ÖVP und FPÖ verdient eine gewisse Schonfrist. Dennoch fragt man sich: Wes Geistes Kind sind denn die Leute?
Jede Regierung verdient es, an ihren Taten gemessen zu werden. Drum ist es auch in den ersten Wochen und Monaten schwer zu bewerten, was uns da kurz vor Weihnachten beschert wurde. Die Koalitionsvereinbarungen sind teils erstaunlich konkret, teils erstaunlich unkonkret, die Regierungsarbeit wird wohl erst mit einer gewissen Verzögerung zu beurteilen sein, wenn Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache liefern, was sie angekündigt haben, oder wenn sie daran scheitern sollten.
Einzig das Persönlichkeitsbild der handelnden Personen ist einigermaßen klar. Also darf man sich durchaus schon jetzt fragen, ob es denn bei einzelnen Ministerinnen oder Ministern Auffälligkeiten gibt, ob sie in Gegenwart oder Vergangenheit durch besondere Schrullen oder den einen oder anderen Aberglauben aufgefallen sind.
Weitum bekannt sind ja der ehemalige Präsidentschaftskandidat und jetzige Infrastrukturminister Norbert Hofer und der Parteichef und jetzige Vizekanzler HC Strache. Über Straches Vergangenheit als Rechtsaußen, der in einer Quasiuniform im Wald herumhuschte und sich quasiparamilitärisch verhielt, ist hinreichend diskutiert worden. Im günstigsten Fall hat sich der Mann von diesem Fehltritt emanzipiert und ist klüger geworden – alt genug wäre er ja. Freilich ist da noch der Kontakt zu einer Mystikerin und Numerologin, die dem FPÖ-Klub einst sogar ihre „Leistungen“für Strache in Rechnung gestellt hat. Was immer der Vizekanzler in der Zukunft anfassen sollte, wir wollen hoffen, dass er auf derart unsinnigübersinnlichen Hokuspokus verzichtet.
Der Infrastrukturminister sitzt jetzt in der Position, sich aus berufenem Munde über das informieren zu lassen, was ihn vor nur zehn Jahren zu einer Anfrage im Parlament trieb bezüglich der sogenannten Chemtrails. Dieses Stichwort beschreibt eine Verschwörungstheo- rie von unfassbarer Unsinnigkeit, wonach seltsame Chemikalien aus Flugzeugen auf die Menschheit geschleudert würden, um sie ruhigzustellen.
Auch an den Helfern, die sich ein Minister sucht, wird erkennbar, wie er denkt. Innenminister Herbert Kickl nahm einen Alexander Höferl zum Pressesprecher. Der Mann ist ein führender Verantwortlicher des Onlinemediums „unzensuriert.at“. Abgesehen davon, dass das Medium „unzensiert.at“heißen müsste, wenn seine Betreiber ordentlich Deutsch könnten, sitzt damit ein Mann im Innenministerium, der verantwortlich ist für Fake News, Hetze gegen Flüchtlinge und Migranten und hemmungslose Propaganda für die FPÖ. Frage: Müssen wir jetzt darauf gefasst sein, dass Verlautbarungen aus dem Innenministerium künftig im Stil dieser Hetzpostille verfasst werden?