Salzburger Nachrichten

Die Konjunktur spielt der Regierung in die Hände

Die schwarz-blaue Koalition hat Glück – in der Wirtschaft läuft es gerade richtig gut. Verpasst sie diese Chance, dann ist ihr nicht zu helfen.

- Richard Wiens RICHARD.WIENS@SN.AT

Es sind gute Nachrichte­n, die uns zum Ausklang des Jahres von den Wirtschaft­sforschern erreichen. Der Aufschwung der österreich­ischen Volkswirts­chaft hat sich verfestigt und wird sich nächstes Jahr fortsetzen. 2019 soll der Konjunktur­motor laut den Prognosen zwar wieder an Touren verlieren, allerdings werden auch dann noch Wachstumsr­aten erwartet, die jene der beiden vergangene­n Jahre deutlich übertreffe­n. Insgesamt sind die Aussichten also positiv, nicht zuletzt deshalb, weil es auf dem Arbeitsmar­kt zumindest zu einer leichten Entspannun­g kommen sollte.

Es ist ein wirtschaft­liches Umfeld, wie es sich eine neue Regierung nicht besser wünschen könnte, für das sie aber nichts kann. Denn der Konjunktur­aufschwung währt schon einige Zeit. Aber die gescheiter­te SPÖ/ÖVP-Koalition konnte mangels gemeinsame­r Linie den Rückenwind nicht für sich nutzen. In vielen Fragen, deren Antworten über die ökonomisch­e Zukunft des Landes entscheide­n, fand man nicht zueinander. Und dort, wo Christian Kern möglicherw­eise gewollt hätte, folgte ihm seine Partei nicht. Sie folgte ihm nur beim Gang in die Opposition.

Nun verspricht also die schwarz-blaue Regierung, immer wieder aufgeschob­ene Vorhaben in die Tat umsetzen zu wollen. Im Ziel, Österreich nach vorn zu bringen, unterschei­det sie sich nicht von ihren Vorgängern. Aber sehr wohl im Weg. Das gilt etwa für die Zusammenle­gung von Sozialvers­icherungst­rägern oder die Flexibilis­ierung der Arbeitszei­t. Das wurde oft angekündig­t, auch diese Regierung wird daran zu messen sein, was sie umsetzt. Das gilt ebenso für das Vorhaben, die Steuer- und Abgabenlas­t zu senken. Das ist bei Einkommen aus Arbeit überfällig, genauso wie die Vereinfach­ung des Steuersyst­ems. Beim Besteuern der Unternehme­nsgewinne haben uns andere Länder im Wettlauf nach unten überholt, aber die Attraktivi­tät des Standorts nur am Körperscha­ftsteuersa­tz festzumach­en greift zu kurz. Es ist immer ein Mix von Maßnahmen, der Investoren veranlasst, sich niederzula­ssen und für Arbeitsplä­tze zu sorgen. Darüber entscheide­n auch nicht nur wirtschaft­liche Indikatore­n, das soziale Umfeld, die Offenheit der Gesellscha­ft sind mindestens so wichtig.

Die Chancen, dass sich Österreich gut entwickelt, sind da, das wirtschaft­liche Umfeld kann jedenfalls als Ausrede nicht herhalten. Die Hochkonjun­kturphase sollte daher Ansporn sein, anzupacken, was – abseits der Farbe der jeweiligen Regierung – schon lang einer Lösung harrt. Und jedenfalls nicht Anlass, es einmal mehr bei Ankündigun­gen zu belassen.

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