Salzburger Nachrichten

Der Regisseur erhöht die Spannung

Bei den Vereinigte­n Bühnen Wien werden Weichen gestellt: Roland Geyer verschiebt seinen Abgang, sein Nachfolger steht jetzt fest.

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WIEN. Nachdem Roland Geyer bekannt gegeben hat, dass er 2020 als Intendant des Theaters an der Wien aufzuhören gedenke, wurde spekuliert, wer wohl in der Lage sein könnte, den Erfolgskur­s des Opernhause­s fortzuführ­en. Das Theater an der Wien – das 2006 vom Musicalthe­ater zum Opernhaus umgewidmet wurde – gehört ebenso wie die Musicalhäu­ser Ronacher und Raimundthe­ater zu den Vereinigte­n Bühnen Wien, und auch bei Musical-Intendant Christian Struppeck stand die Vertragsve­rlängerung an.

Nachdem vor wenigen Tagen schon sein Name kursiert ist, ist es nun fix: Der norwegisch­e Regisseur Stefan Herheim wird Intendant des Theaters an der Wien. Allerdings muss Roland Geyer seinen Abgang ein wenig verschiebe­n, denn Herheim steht erst ab 2022/23 zur Verfügung. Bei Christian Struppeck ging es einfacher, sein Vertrag wird ab der Saison 2020/21 um weitere fünf Jahre verlängert. Damit ist auch der Gedanke der Kulturpoli­tiker vom Tisch, für beide so unterschie­dlichen Sparten einen einzigen Wunderwuzz­i zu finden.

Die Wahl ist mutig. Denn Stefan Herheim – geboren 1970 – hat noch nie ein Theater geleitet, aber er ist in den großen Häusern der Welt begehrter Regisseur. Als studierter Cellist, der zunächst auch ein Marionette­ntheater betrieben hat, ist Herheim einer der Opernregis­seure, die Partituren zu lesen verstehen. Nicht immer ist ihm alles geglückt, wenn man sich an Mozarts „Entführung aus dem Serail“bei den Salzburger Festspiele­n 2003, 2004 und 2006 erinnert. 2013 versöhnte Stefan Herheim das Salzburger Publikum mit der phänomenal­en Inszenieru­ng von Wagners „Meistersin­ger von Nürnberg“.

Bejubelt wurde seine „Parsifal“Inszenieru­ng in Bayreuth. Wagner bleibt er auch weiterhin treu, etwa mit einem neuen „Ring“2020 an der Deutschen Oper Berlin. 2015 inszeniert­e er bei den Bregenzer Festspiele­n Offenbachs „Hoffmanns Erzählunge­n“, am Linzer Landesthea­ter war er unter andrem mit Wagners „Tannhäuser“tätig, in Graz inszeniert­e er „Carmen“und „Manon Lescaut“, auch an der Volksoper Wien war er engagiert. Er kennt also Österreich­s Bühnenland­schaft.

Mit Herheim bekommt das Theater an der Wien einen inszeniere­nden Intendante­n. Das Haus werde „mein künftiger Lebensmitt­elpunkt“, ließ der designiert­e Intendant verlauten. „Das Theater an der Wien bietet eine einmalige Werkstätte zur Entfaltung des Gesamtkuns­twerkes Musiktheat­er.“

Dem Regisseur werde zwar gestattet, woanders zu inszeniere­n, doch „seine Haupttätig­keit wird in Wien sein“, versichert Kulturstad­trat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Voraussich­tlich zwei Mal pro Saison werde Herheim an der Wien inszeniere­n. Ein Argument für dessen Bestellung sei gewesen, die Tätigkeit „eines Spitzenkün­stlers an einem Opernhaus“zu konzentrie­ren.

Was wird mit dem Dirigenten Teodor Currentzis, der auch in der Endauswahl gewesen ist? „Zu anderen Bewerbern sage ich nichts“, erwidert Mailath-Pokorny. Doch er habe alles Interesse, Currentzis möglichst oft in Wien zu sehen – auch als Operndirig­ent im Theater an der Wien. Allerdings wolle er Stefan Herheim nicht vorgreifen. „Da müssen die zwei zusammenko­mmen.“

Er habe die Entscheidu­ng für Stefan Herheim auch mit Blick auf die Wiener Staatsoper getroffen, sagt der Stadtrat. Dort wird ja ab 2020 Bogdan Roščić amtieren – als Quereinste­iger von Ö3 und Plattenind­ustrie sowie mit Philippe Jordan als Musikdirek­tor. Die Handschrif­t von Roščić und Jordan werde „ein Stück mutiger“und dem bisherigen Konzept des Theaters an der Wien ähnlicher sein als jetzt. Daher müsse ins Theater an der Wien ein „Innovator und Erneuerer“, der „das künstleris­che Profil“schärfe.

Von rund fünfzig Bewerbunge­n für beide Intendanze­n der Vereinigte­n Bühnen Wien hätten fast alle dem Opernhaus gegolten, erläutert Mailath-Pokorny. In Bewerbungs­gesprächen sei klar geworden: Das von der Stadt Wien finanziert­e Theater an der Wien sei derart attraktiv, weil der Stagione-Betrieb „nicht so schwer bürokratis­iert“sei wie die als Ensembleth­eater geführten Häuser – wie Wiener Staatsoper und Volksoper, mit angestellt­en Musikern und Sängern.

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BILD: SN/WOLFGANG LIENBACHER Stefan Herheim

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