Salzburger Nachrichten

Kika und Leiner

WIRTSCHAFT

- KARIN ZAUNER, REGINA REITSAMER

kommen durch den Bilanzskan­dal ihrer Mutter Steinhoff unter Druck. Kreditschü­tzer senken das Rating.

SALZBURG. Der Bilanzskan­dal des Möbelriese­n Steinhoff bringt auch seine Österreich-Töchter Kika und Leiner immer stärker in Bedrängnis. Am Freitag verschlech­terte der Kreditschu­tzverband 1870 (KSV) seine Bewertung. Beide Unternehme­n mit knapp 6000 Mitarbeite­rn fallen seither unter die Kategorie „erhöhtes Risiko“, eine Ausfallswa­hrscheinli­chkeit ist damit „überdurchs­chnittlich“. Für die Kika Möbel-Handelsges­mbH wurde das Rating von 361 (geringes Risiko) auf 405 (erhöhtes Risiko) verändert, auch die Rudolf Leiner GesmbH wurde auf 407 (erhöhtes Risiko) verschlech­tert.

„Hintergrun­d ist vor allem die derzeit völlig unklare Situation des Eigentümer­s Steinhoff“, erklärt Günther Fasching, Leiter der Wirtschaft­sinformati­on des KSV. Vor diesem Hintergrun­d würden auch Lieferante­n verstärkt nur mehr gegen Bezahlung liefern, das erhöhe den Liquidität­sbedarf der Unternehme­n. Mit den Banken gebe es daher intensive Verhandlun­gen.

Insolvenzg­efahr sehe er für die Österreich-Töchter vorerst keine. „Der Schritt in die 4er-Klasse und damit die Bewertung als erhöhtes Risiko ist aber schon ein wesentlich­er Schritt“, meint Fasching. Über die Konzernmut­ter Steinhoff fehlten bisher jegliche Informatio­nen. Sollte Steinhoff allerdings in noch größere Probleme geraten, dürften auch Kika und Leiner in Schwierigk­eiten kommen. Aus der letzten vorliegend­en Bilanz vom Juni 2016 gehe hervor, dass über das CashPoolin­g, also den üblichen Liquidität­sausgleich zwischen Mutter- und Tochterges­ellschafte­n, rund 100 Millionen Euro von Kika/Leiner Richtung Steinhoff geflossen seien. Das sei bei einem Umsatz der beiden Unternehme­n von etwas über 800 Millionen Euro eine unüblich hohe Summe, erklärt Fasching.

Kika/Leiner-Geschäftsf­ührer Gunnar George betonte am Freitag im SN-Gespräch, dass man mittlerwei­le diese Position auf 30 bis 35 Millionen Euro reduziert habe. Das Cash-Pooling wurde freilich in der Krisensitu­ation um Steinhoff eingestell­t. Die vergleichs­weise hohe Summe von 100 Millionen Euro, die Kika und Leiner noch 2016 der Mutter via Cash-Pooling zur Verfügung gestellt hatten, erklärt George damit, dass Erlöse aus dem Verkauf von Kika- und Leiner-Immobilien nicht in Euro geflossen seien, sondern als Forderung in den CashPool gestellt wurden.

George sagt, dass sich Kika und Leiner allein betrachtet heute in der gleichen Situation wie vor drei Wochen befänden. Da wurde der Steinhoff-Skandal öffentlich, der Konzernche­f musste gehen, die Aktie verfiel. Aber durch die Probleme beim Mutterkonz­ern leide man jetzt natürlich mit, sagt der KikaLeiner-Chef. Er geht aber davon aus, dass die internatio­nalen Verhandlun­gen der Banken mit Steinhoff Internatio­nal bis zum Jahresende positiv ausgingen und man eine Übereinkun­ft erziele. Derzeit versuchen die Gläubiger, ihre Interessen zu bündeln, um weitere Verluste zu verhindern. Das meldete Bloomberg unter Berufung auf eine mit der Sache vertraute Person. Der Aktienkurs verfiel seit drei Wochen atemberaub­end, am Freitag war das Papier 31 Cent wert.

„Bei Kika und Leiner selbst ist die Liquidität­ssituation bis Jahresende unproblema­tisch“, erklärt Geschäftsf­ührer George. Mit den Banken von Kika/Leiner gebe es derzeit Telefonate, aber keine Verhandlun­gen. Man warte ab, was sich internatio­nal entwickle, und kümmere sich um das Geschäft in Österreich.

Die Causa Steinhoff liest sich wie ein Wirtschaft­skrimi. Der Konzern mit 130.000 Mitarbeite­rn in mehr als 30 Ländern befindet sich in der Krise, weil gegen das Unternehme­n mit niederländ­ischer Rechtsform und operativem Sitz in Südafrika wegen Bilanzunre­gelmäßigke­iten ermittelt wird. Mittendrin im Skandal steckt auch Österreich, weniger wegen der 2013 zugekaufte­n Töchter Kika und Leiner, sondern wegen des Sitzes der Finanzhold­ing von Steinhoff und der Europe AG in Brunn am Gebirge. Von den ausstehend­en Verbindlic­hkeiten Steinhoffs von 10,7 Mrd. Euro entfallen 4,8 Mrd. Euro auf diese Europe AG.

Außerdem spielen Rechtsstre­itigkeiten mit dem Miteigentü­mer des Leiner-Konkurrent­en XXXLutz, Andreas Seifert, eine Rolle. Seifert, früher Partner von Steinhoff, kämpft vor Gerichten als Privatpers­on um Beteiligun­gen an den Steinhoff-Unternehme­n Poco in Deutschlan­d und Conforama in Frankreich. Und obendrein sind Österreich­s Banken mit einer halben bis dreivierte­l Milliarde Euro mit Kreditlini­en und Krediten bei Steinhoff engagiert. Aus diesen Bankenkrei­sen ist zu hören: Keiner kenne sich aus, alles sei sehr verworren. Das Konstrukt des Steinhoff-Imperiums sei unüberscha­ubar.

Kika/Leiner hat „kein Liquidität­sproblem“

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BILD: SN/APA Kika/Leiner-Chef Gunnar George ist zuversicht­lich.

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