Unsicherheit hat sich wegen globaler Risiken verstärkt
Ein Ausblick auf 2018: Nordkorea, Iran, Russland – lauter Krisen. Und die USA, einst Anker der Weltordnung, sind zum „unberechenbarsten Akteur“überhaupt geworden.
Trotzig erklärt das Regime in Nordkorea, dass es auch jetzt nicht von seinem Atomprogramm abrücken werde. Zuvor hatte der UNO-Sicherheitsrat in New York auf Drängen der USA verschärfte Sanktionen gegen das Fernost-Land verhängt. Der Nordkorea-Konflikt wird laut der jüngsten Studie der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations (CFR) auch 2018 zu den größten Globalgefahren gehören. Politikexperte Paul Stares verweist auf den „Krieg der Worte“zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Führer Kim Jong Un. Nordkorea entwickle immer weiter reichende Raketen, und Trump habe angekündigt, dass er notfalls militärisch darauf reagieren werde. Zu den massivsten Risikofaktoren zählen die US-Strategen im kommenden Jahr ferner eine wohlüberlegte oder unbeabsichtigte militärische Konfrontation zwischen Russland und den NATO-Staaten; eine verstärkte Frontstellung zwischen den USA und ihren Alliierten einerseits und dem Iran und seinen Verbündeten andererseits; und ebenso einen sich verschärfenden Konflikt aufgrund des Vormarsches der Volksrepublik China im Südchinesischen Meer. Kritisch fällt das Urteil von Paul Stares freilich auch über sein eigenes Land aus: „Die USA sind der unberechenbarste Akteur in der Welt heute. Das hat tief greifende Unsicherheit hervorgerufen.“
Einmal im Leben könnten die Mitglieder der Zentralen Wahlkommission doch eine gute Tat tun, sagte Alexej Nawalny ironisch wie üblich. „Aber zwischen Ihren Ohren leuchtet eine große Überschrift: Wir lassen keinen zu den Wahlen zu, der die Korruption bekämpft, die Staatsmacht kritisiert und wirklich Wahlkampf führt.“Ella Panfilowa, die Vorsitzende der Wahlkommission, konterte erbost: „Ich habe in der Sowjetzeit zwölf Jahre in der Produktion malocht – Sie aber verdienen Geld, indem Sie illegal Spenden sammeln und unglückselige Jugendliche verdummen.“
Wie erwartet lehnte die Zentrale Wahlkommission Russlands am Montag den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, 41 Jahre alt, als Kandidat für die Präsidentschaftswahl im kommenden März ab. Wie erwartet begründete sie das mit Nawalnys umstrittener Vorstrafe von 2013, fünf Jahre auf Bewährung als vermeintlicher Betrüger.
Ein russisches Gesetz verbietet es wegen „schwerer und sehr schwerer“Vergehen verurteilten Straftätern, während der Verbüßung ihrer Haft und in den ersten zehn Jahren danach für öffentliche Ämter zu kandidieren. Und laut Panfilowa ist Nawalny bis 2028 aus dem politischen Leben verbannt – obwohl das Europäische Menschenrechtsgericht das Urteil 2016 für „willkürlich“erklärte hatte und das russische Oberste Gericht es daraufhin aufgehoben hat. Aber dann wurde der Skandalprozess einfach wiederholt und Nawalny erneut zu fünf Jahren auf Bewährung verurteilt.
Eine juristische Fragwürdigkeit, deren politischen Zweck allerdings kaum jemand infrage stellt. „Das ist ein technisches Mittel, um einen politischen Gegner kaltzustellen“, sagt der Petersburger Politologe Dmitri Trawin im SN-Gespräch. „Und Nawalny ist der stärkste innenpolitische Gegner des Kremls.“
Experten rechnen damit, dass Nawalny, der 2013 bei der Bürgermeisterwahl in Moskau mit mehr als 27 Prozent der Stimmen überrascht hat, landesweit 15 Prozent erreichen könnte. Der Offizierssohn, Jurist, Korruptionsbekämpfer und Blogger gilt als aggressiver Straßenpolitiker, der seine Anhänger im Fall eines fragwürdigen Wahlergebnisses auch zu nicht genehmigten Protesten aufrufen dürfte.
Nawalny „verkörpert gleich mehrere Drohungen für das Regime“, kommentiert Konstantin Remtschukow, Chefredakteur der „Nesawissimaja Gaseta“. Und das flächendeckend. Seit mehreren Monaten veranstaltet Nawalny Wahlkundgebungen in ganz Russland. Er hat in 84 Regionalhauptstädten Stäbe eröffnet und Zehntausende Freiwillige mobilisiert, oft Jugendliche.
Selbst Kremlchef Wladimir Putin vermeidet es, Nawalnys Namen auszusprechen; er redet stattdessen von „Personal, das über unsere Plätze läuft und die Lage destabilisiert“.
Allerdings droht ohne Nawalny ein langweiliger Wahlkampf und eine ähnlich niedrige Wahlbeteiligung wie die peinlichen 47,9 Prozent bei der Duma-Wahl 2016. Schon vor Nawalnys Ausscheiden verwiesen Experten darauf, die liberale TV-Moderatorin Xenia Sobtschak, die im Oktober ihre Kandidatur erklärt hatte, sei ein lautstarker, aber harmloser „Verschnitt“Nawalnys. Die Staatsmacht wolle sie an seiner Stelle ins Rennen schicken. „Der Kreml möchte vermeiden“, sagt der Politologe Nikolai Mironow, „dass Nawalnys Auditorium die Wahl ignoriert.“
Nawalny reagierte gelassen auf seine Disqualifikation, er will die Wahlen nun boykottieren: „Wir rufen einen Streik der Wähler aus. Das ist keine Wahl, nur Putin und die Kandidaten, die er persönlich ausgewählt hat und die keine Gefahr für ihn darstellen, nehmen daran teil.“Nawalny will seine Anhänger für eine landesweite Kampagne gegen die Wahl mobil machen.
„Nawalny verkörpert gleich mehrere Drohungen für Putins Regime.“K. Remtschukow, Chefredakteur