Vertrauen ist weltweit eine schwindende Ressource
Globales Regieren in einer vernetzten Welt kann kaum gelingen, wenn die USA selbst zum größten Unsicherheitsfaktor werden.
Um Vertrauen der Bürger in den demokratischen Staat hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache geworben. Das war natürlich auf die Bundesrepublik gemünzt, wo die politischen Parteien diesmal überraschend lang für eine Regierungsbildung brauchen. Aber Vertrauen ist auch in der internationalen Politik eine unerlässliche und dort ebenso schwindende Ressource.
Zu dieser Entwicklung hat US-Präsident Donald Trump in seinem ersten Amtsjahr maßgeblich beigetragen. Mit seinem erratischen Kurs hat er Zweifel massiv verstärkt, ob Amerika noch der Vorkämpfer einer liberalen, regelbasierten Weltordnung ist, wie sich dieses Land trotz oft eigensüchtigen Verhaltens und dadurch bedingter Verstöße gegen das Weltrecht jahrzehntelang verstanden hat. Den Mangel an Berechenbarkeit hat Trump ja geradezu zum Gütesiegel seiner Politik erklärt.
Natürlich gibt es eine riesige Kluft zwischen Tönen und Taten dieses Mannes im Weißen Haus. Der USKongress korrigiert seine Anbiederung an Russland. Der angedrohte Handelskrieg mit China bleibt bisher aus, weil Peking als Partner bei der Lösung des Nordkorea-Konflikts gebraucht wird. Die US-Militärs stellen Amerikas Verpflichtungen in der NATO klar, nachdem Trump die Bündnistreue zuvor infrage gestellt hat. Bundesstaaten und Großstädte in den USA bekennen sich weiterhin zu den Pariser Klimazielen, von denen sich der Präsident verabschiedet hat. Alles halb so schlimm also? Leider nein. Die USA zeigen unter Trump eklatante Führungsschwäche. Das ist zum Schaden des demokratischen Westens. Europa muss lernen, sich stärker auf eigene Beine zu stellen – aber ausgerechnet in einem Augenblick, in dem die EU in größten Nöten ist.
Amerikas relative Macht in der Welt schrumpft dank Trumps Rückzug. Russland ist zurück im Nahen Osten. Über Frieden in Syrien verhandeln Russland, der Iran und die Türkei – Amerikaner und Europäer sind dabei nicht einmal Zaungäste. Den Wiederaufbau in dem Bürgerkriegsland will China sponsern. Die Volksrepublik ist dank Finanzkraft überall auf dem Vormarsch; ihre Verbindungen reichen inzwischen bis in den Osten Europas.
Drittens: Die Gefahren wachsen. Russland modernisiert seine Rüstung, auch gegen geltende Verträge. Moskau greift mit Desinformationskampagnen in den demokratischen Wahlprozess westlicher Staaten ein. Peking zeigt seine Muskeln im Kampf um Macht im Südchinesischen Meer.