Das Berufsfeld anders aufrollen
Die Lehre ist wieder etwas. Das zeigt sich auch daran, dass junge Menschen sie anders in ihren Lebensweg einbauen als gewohnt.
Die Lehre zählt wieder etwas. Das zeigt sich auch daran, dass junge Menschen sie anders in ihren Lebensweg einbauen als gewohnt.
SALZBURG. Viele Jahre galt eine Lehre für junge Menschen und Eltern als nicht besonders schick. Die Folgen sind für Österreichs Wirtschaft fatal: Überall fehlen ausgebildete Fachkräfte. Das Blatt hat sich freilich gewendet. Heute wird alles daran gesetzt, die Lehre attraktiv zu machen, ihr Image zu verbessern. Dass dies zum Teil bereits gelungen ist, zeigt die steigende Zahl von Lehrlingen, die zum Beispiel nach einem Studium noch eine Lehre anhängen, wie Thomas Baumgartner, oder die eine Lehre mit Matura machen, wie Stephanie Holzer. Immer mehr gehen das Thema Lehre heute auch in „späteren Jahren“an, wie Nadja Klappacher.
Das Förderprogramm „Berufsmatura: Lehre mit Reifeprüfung“haben in Österreich bisher knapp 6000 junge Menschen abgeschlossen. Eine davon ist Stephanie Holzer. Die 27-jährige Kosmetikerin und Masseurin arbeitet im primeKosmetikstudio in Salzburg. Dieser Tage bricht sie zu einer einjährigen Weltreise auf, danach will sie Gesundheitsmanagement im Tourismus an der Fachhochschule Joanneum in Bad Gleichenberg studieren. Probeweise hat sie dafür schon den Aufnahmstest absolviert und bravourös bestanden. „Ich war davor doch ein wenig unsicher, weil ich ja schon länger in keiner Prüfungssituation mehr war“, erzählt Holzer. Die junge Frau aus Wals ist überzeugt, dass sie mit ihrem Weg, zuerst Lehre mit Matura zu machen, dann Berufserfahrung zu sammeln, jetzt ein Jahr um die Welt zu reisen, um dann zu studieren, richtig liegt. „Ich rolle das Feld von hinten auf“, sagt sie lachend. Bei der Aufnahmsprüfung für die Fachhochschule sei ihre Berufserfahrung sehr positiv beurteilt worden. Ihr Ziel: Sie will später im internationalen Spa-Management arbeiten und dafür auch Arabisch lernen. Als sie als Teenager eine höhere Schule abgebrochen hatte, um in die Lehre zu gehen, sei sie manchmal auf Unverständnis gestoßen, erzählt sie. Das Entscheidende für sie sei gewesen, dass sie in ihren Lehren (Kosmetik und Fußpflege bei dm sowie medizinische Massage in Bad Vigaun) „wirklich viel gelernt hat“. Das sei die Basis. Und sie verweist auf gute Unterstützungen für Lehrlinge, was viele nicht wüssten. Dank Auszeichnungen bekam Holzer zum Beispiel vom Land Salzburg ein Auslandsstipendium in Irland, in Massage hat sie den Bundeslehrlingswettbewerb gewonnen. Holzer sagt auch, dass sie durch die Lehre früh gelernt habe, mit Geld umzugehen. „Ich habe immer gespart.“So könne sie nun um die Welt reisen, um andere Menschen und Kulturen kennenzulernen. Damit werde sie auch für ihre weitere be- rufliche Laufbahn ein kompletterer Mensch.
Völlig anders als Stephanie Holzer hat Thomas Baumgartner (29) sein berufliches Feld aufgerollt. Er hat einen Bachelor in Management und Recht, war ein Semester in Indien und macht nun eine Erwachsenenlehre als Zimmereitechniker. „Die Menschen kommen immer weiter weg vom Handwerk, immer weniger können irgendwo Schrauben reindrehen, für mich ist das auch eine Bildungslücke.“Der Unternehmersohn, seinem Vater gehört der Dämmstoffgroßhandel Dihag in Neumarkt am Wallersee, sagt, er könne sich vorstellen, seinen Lehrberuf auch weiterhin auszuüben. „Mein Wissen hat sich durch die Lehre enorm erweitert.“Im Vorjahr haben 189 frühere Studenten eine Lehre gemacht, 2013 waren es erst 27 gewesen. Im Unterschied zur Fachhochschule oder zur Arbeit im väterlichen Betrieb stellt Baumgartner fest, dass im Handwerksbetrieb eine bessere Geschlossenheit herrsche, man mehr übereinander Bescheid wisse und einander mehr vertrauen müsse. Auch er weist auf die guten Fördermöglichkeiten hin. So fördert die Wirtschaftskammer in der Erwachsenenlehre je nach Lehrjahr ein bis drei Monatsgehälter. Mit 1500 Euro netto pro Monat ist Lehrling Baumgartner zudem sehr zufrieden.
Sehr zufrieden mit ihrem ebenso etwas anderen Weg ist die Grödigerin Nadja Klappacher. Die 34-jährige Mutter einer dreijährigen Tochter hat mit 27 Jahren eine Lehre begonnen. Nach der Handelsschule hatte sie im Büro gearbeitet und gefühlt, dass dies nicht das 100-prozentig Richtige für sie ist. Ihr Traum war, etwas mit Menschen und Schönheit zu machen. Über die Aus- und Weiterbildungsagentur Laturo, Partner des Arbeitsmarktservice, fand sie auch finanzielle Unterstützung. In zwei Jahren konnte sie die Kosmetiklehre und die Fußpflegelehre komprimiert absolvieren. Ihr Vater hatte sie von Anfang an bei ihrem Neuanfang ermutigt. Finanziell hat sie die Lehrzeit durch die Stiftungsförderung und die Hilfe ihres Mannes bewerkstelligt. „Man schaut, dass man über die Runden kommt, und schafft es auch, wenn man will“, sagt Klappacher. Sie habe dann gleich einen Job gefunden und ist mit ihrer damaligen Entscheidung glücklich. Ihre Erfahrung ist, dass die Kunden es schätzen, wenn jemand nicht mehr ganz so jung ist.
„Man schafft es, wenn man will.“Nadja Klappacher, Kosmetikerin