Salzburger Nachrichten

Abkommen mit London als Modell

Berlin überlegt neue Form der Kooperatio­n der EU mit Türkei und Ukraine.

- SN, dpa

Der deutsche Außenminis­ter Sigmar Gabriel plädiert für eine neue Form der Zusammenar­beit mit der Türkei und der Ukraine. „Wenn wir ein kluges Abkommen mit Großbritan­nien hinbekomme­n, das die Beziehunge­n zu Europa nach dem Brexit regelt, könnte das ein Modell für andere Länder sein: die Ukraine und auch die Türkei“, sagte der SPD-Politiker in einem Pressegesp­räch.

„Eine Möglichkei­t wäre, mit Ankara eine neue, engere Form der Zollunion anzustrebe­n. Das geht aber nicht, solange sich die Lage in der Türkei nicht wieder ändert“, erläuterte Gabriel. Der deutsche Außenminis­ter unterstric­h, er könne sich für die nächsten Jahre weder die Türkei noch die Ukraine als Mitglied der Europäisch­en Union vorstellen. „Daher müssen wir über alternativ­e Formen einer engeren Zusammenar­beit nachdenken.“

In der Türkei gebe es den Willen, zu einem besseren Verhältnis mit Europa zu kommen. „Und den gibt es auch bei uns“, sagte der Außenminis­ter. Es sei ein gutes Zeichen, dass zuletzt mehrere in der Türkei inhaftiert­e Deutsche freigekomm­en seien. Allerdings bleibe die große Sorge um den weiterhin im Gefängnis sitzenden „Welt“-Korrespond­enten Deniz Yücel. „Die Türken wissen, wie wichtig sein Schicksal für uns ist.“

Kurz vor Weihnachte­n war der Deutsche David Britsch nach fast neun Monaten in türkischer Haft freigelass­en worden und zu seiner Familie in Schwerin zurückgeke­hrt. Wenige Tage zuvor war bereits die deutsche Journalist­in Meşale Tolu nach siebenmona­tiger Untersuchu­ngshaft in der Türkei auf freien Fuß gesetzt worden. Sie darf das Land aber weiter nicht verlassen.

Ein neues Notstandsd­ekret der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat in der Türkei massive Proteste ausgelöst. In dem Dekret werden nicht nur Handlungen gegen den Putschvers­uch und die „terroristi­schen Taten“vom Juli 2016 straffrei gestellt, sondern auch solche, die sich gegen „die Fortsetzun­g davon“richten. Die Opposition befürchtet einen Freifahrts­chein für politisch motivierte Gewalttate­n. Die Anwaltskam­mer warnte vor Lynchjusti­z.

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