Mahmoud verknallt sich in „Scheherazade“
WIEN. Ein paar Wochen war ihr Bruder Mahmoud im Jemen, und jetzt trägt er Vollbart, knöchellanges Hemdkleid und immer eine Koransure auf den Lippen: In „Voll verschleiert“, dem Spielfilmdebüt der französischen Regisseurin Sou Abadi, steht die Studentin Leila vor einem Problem: Eigentlich wollte sie demnächst mit ihrem Freund Armand nach New York gehen, für ein Praktikum bei den Vereinten Nationen. Aber jetzt ist Leilas großer Bruder auf einmal nicht mehr das fürsorgliche Familienoberhaupt, das er nach dem Tod der Eltern immer gewesen ist, sondern nimmt seiner Schwester den Pass weg und sperrt sie in ihr Zimmer ein.
Armand ist entsetzt. Doch von seiner Arbeit als Flüchtlingshelfer ist er Kummer gewohnt. Einer seiner Schützlinge hat die Idee, er solle sich doch mit einem Niquab (dem Ganzkörperschleier, der nur einen Spalt für die Augen freilässt) als Frau verkleiden und so Leila besuchen. Doch mit welcher Ausrede? Da Mahmoud von seiner Schwester große Frömmigkeit verlangt, kniet sich der iranischstämmige Armand eben in den Koran, um als belesene Glaubensschwester namens „Scheherazade“durchzugehen.
Das allerdings bedeutet Schwierigkeiten: Die säkularen Eltern von Armand machen sich Sorgen wegen seines ungewohnten Interesses für den Islam. Der bodenlange Schleier erweist sich als fast tödliche Falle. Und Mahmoud verknallt sich Hals über Kopf in „Scheherazade“. So führt „Voll Verschleiert“den Dogmatismus als Lachnummer vor, und der Film veralbert Eiferer und Fundamentalisten, Rassisten und Burkaverbotforderer.
„In der Geschichte stecken eigene Erfahrungen“, sagt die iranischstämmige Regisseurin Sou Abadim. „Ich habe einen Teil meines Lebens in der Islamischen Republik Iran verbracht. Streng religiöse Erziehung, eine vorgeschriebene Kleiderordnung und die Sittenpolizei haben sich unauslöschlich in die Erinnerungen an meine Teenagerzeit eingebrannt.“Gelungen ist Sou Abadi eine fundamental witzige, rasante Komödie, die respektlos, aber nie kränkend ist. Sie stellt einen erfrischenden Gegenentwurf zu allen leise krampfigen französischen Multikulti-Komödien dar. Kino: