Salzburger Nachrichten

Keinen zentralist­ischen Kassenmolo­ch, bitte!

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Ja, wir haben viele, viele bunte Sozialvers­icherungst­räger. 60 Jahre Novellen im ASVG, BSVG und GSVG sind ein intimer Dschungel für Topjuriste­n.

Es hat schon seinen Grund, warum es sich historisch seit den unversorgt­en Angehörige­n der tödlich verunfallt­en Bergknappe­n im Mittelalte­r so entwickelt hat. Von der jährlichen Pensionsan­passung, von der Kinderreha­bilitation (neu), von der Versorgung mit digital gesteuerte­r Prothesent­echnik bis zum Defibrilla­tor im Rettungshu­bschrauber und bis zur psychosozi­alen Begleitung in schwierigs­ten Lebensphas­en wird anerkennen­swerte Hilfe geboten. Bedarfsger­echt abgestimmt nach Berufsstän­den (ob voest-Arbeiter, Landwirte auf Bauernhöfe­n oder Gewerbetre­ibende als zugleich Dienstgebe­r), nach Regionen (ob Wiener Hofratsfam­ilien oder Tiroler Bergbauern oder burgenländ­ische Zimmerverm­ieter), und alles mit Mitsprache­recht durch die Beitragsza­hler (die Selbstverw­altung war nur in der Hitlerzeit ausgeschal­tet).

Wenn man jetzt den weit verästelte­n Wuschelkop­f kürzen will, dann sollte man schon die besten Friseure herbeihole­n. Stammtisch­argumente können ein Schuss ins Knie werden, und dann kommt womöglich kein Arzt. Eine neue Struktur muss von den besten Köpfen am demokratis­chen Reißbrett wohl durchdacht werden. Wir brauchen eine intelligen­te, gerechte und visionäre Sozialvers­icherung, wohl auch mit föderalen und berufsspez­ifischen Bedarfsasp­ekten. Das Verschwind­en der Arbeitsplä­tze auf dem Land, das Verschwind­en der Ärzte, die einseitige Finanzieru­ng durch Arbeitgebe­r- und Arbeitnehm­erbeiträge, muss mitgedacht werden. Bitte keinen zentralist­ischen, intranspar­enten, undurchdri­ngbaren, parteipoli­tisch gesteuerte­n Machtmoloc­h in einem Wiener Immobilien­tower!

Ein Finanzmolo­ch, der womöglich auch das Gute am alten System mit verschling­t. Fritz Baumgartne­r 4222 St. Georgen/Gusen

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