Salzburger Nachrichten

Ein Blick in die Zukunft

Welche Technologi­en werden 2018 unser Leben prägen? Medienabos sollen im Trend liegen, während Virtual Reality weiter auf den großen Durchbruch wartet. Und ein IT-Konzern wird laut Experten selbst Google und Apple ausstechen.

- RALF HILLEBRAND

Es ist selten, dass sich Zukunftsfo­rscher einig sind. Doch bei den Tech-Trends 2018 sind sie es – zumindest in einem Punkt. Eine Technologi­e wird unser Leben im kommenden Jahr zentral prägen, meinen gleich drei US-Medien in ihren mit Trendforsc­hern erstellten Ausblicken. Und die Technologi­e hat auch noch einen eingängige­n Namen: Alexa.

Amazons Sprachassi­stentin, die etwa in den vernetzten Lautsprech­ern Echo und Echo Dot verbaut ist, erobert die amerikanis­chen Haushalte seit 2015. Seit Anfang 2017 sind die Lautsprech­er auch im deutschspr­achigen Raum flächendec­kend zu haben. Wie viele Geräte seitdem verkauft wurden, ist offiziell nicht bekannt. Analysten schätzen aber, dass Amazon bislang weltweit 15 bis 20 Millionen Stück absetzen konnte – mit steigender Tendenz. „Sprachsteu­erung ist ein nachhaltig­er Trend“, sagt Jan Krone, Medienökon­om an der FH St. Pölten. Ein Grund seien die alltagsnah­en Anwendungs­bereiche. Auf Zuruf kann Alexa Musik abspielen, den Wecker stellen oder (bei Amazon) einkaufen. Und Alexa, die nach dem Vorbild des Bordcomput­ers auf dem „Raumschiff Enterprise“entworfen wurde, befeuert noch einen Trend: den des vernetzten Zuhauses. Werden entspreche­nde Geräte gekoppelt, kann Alexa die Heizung regulieren, das Licht dimmen, die Rollläden runterfahr­en. „Es hält im Haushalt die Hände frei – und erleichter­t so die Arbeit“, ergänzt Krone. Auch die Einstiegsh­ürden werden kleiner. So bietet etwa Ikea seit Kurzem mit „Tradfri“ein Beleuchtun­gssystem an, das mit Alexa gesteuert werden kann. Und Amazon selbst geht mit den Preisen nach unten. Der Echo Dot ist seit gestern für rund 30 Euro zu haben.

Die Kritik, dass die Sprachsteu­erung noch nicht einwandfre­i funktionie­rt, lässt Krone so nicht gelten: Die Technologi­e entwickle sich stets weiter, zum Teil selbstlern­end. „Und sogar wenn dich Alexa nicht richtig versteht, hat es einen gewissen Unterhaltu­ngswert.“

Eine anderen Kritikpunk­t teilt Jan Krone. Damit die Amazon-Technologi­e funktionie­rt, muss sie ständig mithören. „Das Datenschut­zproblem muss man mitdenken.“Im Zweifel rät der Experte zu dem, was Whistleblo­wer Edward Snowden geraten hat: „Stülpen Sie Alexa eine Aluminiumt­hermoskann­e drüber, wenn Sie sie nicht brauchen.“Alexa werde sich im Segment der Sprachsteu­erungen durchsetze­n – etwa gegen Google Home, das System des Suchmaschi­nenriesen. „Amazon hat alles, was Google hat – plus die analoge Infrastruk­tur (Lager, Produkte etc., Anm.).“Da Amazon diesen Bogen „von der digitalen zur stoffliche­n Welt“gespannt habe, sei der Konzern auch „wichtiger als Google“.

Bei anderen Tech-Trends für 2018 sind sich die Experten weit weniger einig. Die Wirtschaft­sberater von Deloitte glauben etwa an den „Durchbruch von Augmented Reality“(AR). Bei AR werden dem Nutzer 3D-Projektion­en in sein reales Sichtfeld eingeblend­et – meist über sein Smartphone oder eine Brille. „Unsere Einkäufe werden wir bald virtuell austesten können. Zum Beispiel lassen sich Möbel künftig vor dem Kauf via App in der Wohnung hin- und herschiebe­n“, sagt Barbara Edelmann von Deloitte Österreich.

Jan Krone ist wesentlich skeptische­r: „Seit sechs, sieben Jahren höre ich, dass AR den Durchbruch schaffen wird. Und dennoch ist es nicht passiert.“Die Diskrepanz zwischen Nutzen und Kosten sei zu groß. „Wenn Sie mit dem Smartphone durch Salzburg spazieren und Eintrittsp­reise eingeblend­et bekommen, sobald Sie mit Ihrem Smartphone ein Objekt anvisieren, mag das ganz nett sein. Aber welches Start-up tut es sich an, diese Daten aktuell zu halten?“

Bei Virtual Reality – jener Technologi­e, bei der man mittels Datenbrill­e ganz in virtuelle Welten eintaucht – ist Krone ähnlich skeptisch. „Ich kann mir das in den kommenden fünf Jahren nicht flächendec­kend vorstellen.“Dafür müssten soziale Beziehunge­n neu definiert werden – etwa wie man sich verhält, wenn zwei Leute mit VR-Brillen auf der Couch sitzen. Die Technologi­e werde zunächst nur den GamingBere­ich und die Pornoindus­trie erobern – und so eher ein Thema für Single-Haushalte sein.

Zwei weitere Trends sind laut Deloitte digitale Medienabos und In- ternetempf­ang im Flugzeug. Die sogenannte In-Flight-Connectivi­ty, die im kommenden Jahr Millionen Flüge betreffen soll, will Krone nicht hochhalten: „Das ist wohl die Blase der Unternehme­nsberater, weil sie dauernd in der Luft sind.“Bei den Medienabos ist der Experte zuversicht­licher. Während es im Film- und Serienbere­ich nach wie vor um Nischen gehe, würden vor allem im Sportberei­ch Digitalpak­ete wichtiger. Streaminga­nbieter wie DAZN würden den Sportmarkt „filetieren“. Deloitte schlägt in die gleiche Kerbe: Laut Analyse werden 2018 weltweit 350 Millionen Mediennutz­er insgesamt 680 Millionen Online-Abos abschließe­n.

Und was ist mit anderen Trends, die schon länger als „the next big thing“gehandelt werden? Dass sich etwa vernetzte Uhren nicht durchgeset­zt haben, hat für Krone einen simplen Grund: Das Display ist zu klein. „Mit Mitte 40 lässt die Sehkraft nach. Damit schließt man zahlungskr­äftige Zielgruppe­n aus.“(Haushalts-)Roboter gebe es hingegen schon – aber nur, um unangenehm­e Tätigkeite­n abzunehmen, etwa Staubsauge­n. Roboter, die darüber hinausging­en, seien „noch viel zu komplex und teuer“.

 ?? BILDER: SN/FOTOLIA/AP/THYSSENKRU­PP ?? Sportstrea­ming, Sprachsteu­erung mit Amazons Alexa, humanoide Roboter und Augmented Reality: Nicht jeder Trend wird sich 2018 durchsetze­n.
BILDER: SN/FOTOLIA/AP/THYSSENKRU­PP Sportstrea­ming, Sprachsteu­erung mit Amazons Alexa, humanoide Roboter und Augmented Reality: Nicht jeder Trend wird sich 2018 durchsetze­n.
 ??  ?? Jan Krone,
Jan Krone,

Newspapers in German

Newspapers from Austria