Die Tournee ist wie „Dinner for One“
Warum Skispringen rund um den Jahreswechsel besonders interessant ist.
Die Vierschanzentournee gehört zum Jahreswechsel wie der TV-Kultfilm „Dinner for One“. Es ist ein lieb gewonnenes Ritual, den Athleten rund um den Neujahrstag dabei zuzuschauen, wie sie sich mit 100 km/h kopfvoran von einem meterhohen Schanzentisch stürzen und auf einem unsichtbaren Luftpolster bis zu 140 Meter weit fliegen. Das Phänomen dabei ist: Skispringen ist eine Randsportart, die kaum jemand betreibt oder selbst je ausprobiert hat.
Und dennoch schaffen es Stefan Kraft und Co. an den zehn Tournee-Tagen, die Sportwelt in ihren Bann zu ziehen. Über 100.000 Zuschauer kommen jährlich zu den Wettkämpfen nach Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen. Durchaus bemerkenswert sind auch die Zahlen, die Vermarkter Infront vorlegt. 135 Millionen TV-Zuschauer erreichte die Vierschanzentournee 2015/16 in insgesamt 442 Stunden Fernseh- übertragung. Den größten Marktanteil erzielte dabei nicht etwa Österreich oder Deutschland, sondern Norwegen mit 75,4 Prozent Reichweite beim Springen in Innsbruck. In Deutschland erreichte die Tournee kumuliert 37,41 Millionen TV-Zuschauer, der ORF kam auf eine kumulierte Reichweite von 4,28 Millionen.
Skispringen ist telegen und schafft gleichzeitig das Kunststück, auch live vor Ort sehr gut anzukommen. Womit wir bei einem weiteren Phänomen wären: Denn inhaltlich läuft diese Randsportart – egal auf welcher Schanze man sich befindet – unter ständig gleichen Vorzeichen ab. Das sorgt aber nicht für Langeweile, sondern vielmehr für einen hohen Wiedererkennungswert. Es braucht keine zusätzliche Eventisierung, keinen Pavarotti, der zu Neujahr auf dem Schanzentisch singt, wie es FIS-Renndirektor Walter Hofer einmal formuliert hat. Die Vierschanzentournee muss sich nicht neu erfinden, sie steht für sich selbst.
Und das seit 66 Jahren.