Warum die Abfahrt in Bormio so viel Kraft kostet
Ich sage es ehrlich: Dass Bormio wieder im Kalender ist, lässt mein Herz höherschlagen. Da ist immer Action geboten, auch vor dem Fernseher ist diese Abfahrt cool – und ich bin selbst immer gerne hingefahren. Wusste immer, was man auf der Stelvio tun muss, um schnell zu sein.
Bormio, das war und ist immer eine Herausforderung. Eine Abfahrt, die dich kräftemäßig ans oder gar über das Limit gebracht hat. Das liegt weniger an der Länge als an der Lichtsituation und an der Präparierung. Es ist immer unruhig, es ist immer dunkel, du siehst die Bodenwellen kaum – und das geht an die Substanz.
Denn Bormio lässt vom Start – der steilste des Winters – bis ins Ziel nie locker, es gibt praktisch keine Passage zum Verschnaufen. Und auch wenn es für manche komisch klingt: Das Anstrengende hat auch was mit Weihnachten zu tun. Du kommst von daheim, wo du Frieden, Ruhe genossen hast (oder zumindest wolltest) – und da ist Bormio dann schon ein g’scheiter Kontrast.
Was Bormio ausmacht: Du musst hier nicht mit Hängen und Würden in der Hocke bleiben, du kannst technisch viel gutmachen – vielleicht war es deswegen immer eine Österreicher-Strecke. Und ich wage zu sagen, dass etwa Hannes Reichelt, Matthias Mayer oder Max Franz auch heuer gut dabei sein werden. Das wird aber auch Aksel Lund Svindal sein – der ist ein echtes Phänomen. Es ist fast nicht zu glauben, welch Schmerzen er im Knie hat, wenn man ihm zusieht. Aber ich kenne das auch selbst, auch bei mir gehörte Voltaren lange zum Frühstücksmenü. Aber wenn Rennzeit ist, du eine Startnummer hast, dann sind die Schmerzen wie weggezaubert.
Du lernst, den Schmerz auszuschalten für zwei Minuten, auch wenn du danach kaum Stiegen steigen kannst. Wenn es um die Wurscht geht, dann siegt die Konzentration über den Schmerz – so wie bei Svindal. Und dann ist alles möglich, auch der Sieg.