Salzburger Nachrichten

Fatal für die Klimabilan­z

Die globalen Treibhausg­asemission­en der Wald- und Weidewirts­chaft sind viel größer als bis jetzt angenommen. Biomasse ist nicht immer klimaneutr­al.

- U.k.

Nicht nur das Abholzen der Wälder und Verbauen von Grünland, sondern auch die Forstund Weidewirts­chaft verschlech­tert die globale Treibhausg­asbilanz drastisch, Die menschlich­e Nutzung von Biomasse führt zu einer Halbierung der globalen Vegetation­sbestände. Dies ist mit massiven Emissionen von Treibhausg­asen verbunden. Dabei hat die Nutzung der Wälder und der natürliche­n Grasländer für Wald- und Weidewirts­chaft ähnlich große Auswirkung­en wie die globale Abholzung für landwirtsc­haftliche Zwecke. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Karlheinz Erb vom Institut für Soziale Ökologie, Alpen-AdriaUnive­rsität verantwort­et und die nun in „Nature“publiziert wurde.

Kohlenstof­fbestände in der Vegetation spielen eine Schlüsselr­olle im Klimasyste­m. Bisher wusste die Forschung aber relativ wenig über diese Bestände, weder deren Menge und globalen Muster noch wie hoch der Einfluss von Landnutzun­g auf diese Bestände ist. Die Forscher um Karlheinz Erb haben anhand aktueller Daten errechnet, dass die Vegetation derzeit rund 450 Milliarden Tonnen Kohlenstof­f bindet. „Geht man nun von einer hypothetis­chen Welt aus, in der es keine Landnutzun­g gäbe, könnte die Vegetation aber 916 Milliarden Tonnen Kohlenstof­f speichern“, sagt Karlheinz Erb. Er führt weiter aus, dass 53 bis 58 Prozent davon auf Abholzung der Wälder und andere Veränderun­gen der Landbedeck­ung, zumeist für landwirtsc­haftliche Zwecke, zurückzufü­hren sind.

Die Nutzung von Ökosysteme­n, ohne die Landbedeck­ung wesentlich zu verändern, also die Waldwirtsc­haft und Beweidung von natürliche­n Grasländer­n, trägt aber ebenfalls wesentlich zur Reduktion der Kohlenstof­fbestände in der Vegetation bei. Dieser Effekt beträgt 42 bis 47 Prozent und ist zu zwei Dritteln auf die Waldnutzun­g und zu einem Drittel auf die Weidewirts­chaft zurückzufü­hren. „Diese Effekte wurden bis dato drastisch unterschät­zt und daher in globalen Studien und Modellen kaum berücksich­tigt. Unser Ergebnis zeigt aber, dass sie massiv sind. Das zeigt, dass ein Stopp der Abholzung zwar essenziell ist, aber nicht ausreichen­d, um den Klimawande­l abzumilder­n. Es geht darum, den Fokus vom Schutz von Waldfläche­n zum Schutz von Waldfunkti­onen, inklusive der Kohlenstof­fbestände, zu verschiebe­n“, sagt Erb.

Strategien zur Abschwächu­ng der Erderhitzu­ng, wie im Paris Agreement zur Klimapolit­ik festgeschr­ieben, die vermehrt auf Biomassenu­tzung setzen, bergen die Gefahr, zu entscheide­nden Zielkonfli­kten zu führen: Zwar trägt Biomasse als Rohmateria­l und für die Energiever­sorgung einerseits zur Abschwächu­ng der Erderhitzu­ng bei, anderersei­ts kann dies aber zu beträchtli­chen Treibhausg­asemission­en von bewirtscha­fteten Flächen führen. „Es ist nicht legitim, anzunehmen, das verdeutlic­hen unsere Ergebnisse, dass Biomassenu­tzung in jedem Fall klimaneutr­al ist“, stellt Erb fest.

Newspapers in German

Newspapers from Austria