Salzburger Nachrichten

Junggesell­en verjagen böse Geister mit viel Lärm

Unverheira­tet und gut zu Fuß, das müssen die Kletzenbro­tfahrer in Bergheim sein. Heute, Donnerstag, vertreiben sie für ein Stück Kletzenbro­t und ein Stamperl Schnaps alles Unheil.

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Bestückt mit Ratschen, Goaßln, mit Nägeln befüllten Kanistern und Sirenen, sprich mit allem, was einen Höllenlärm macht, machen sich heute gut 40 ledige Burschen und junge Männer aus Bergheim auf, um dem Brauchtum des Kletzenbro­tfahrens zu frönen. „Etwas, das es meines Wissens nach nur bei uns in Bergheim gibt“, sagt Martin Schmiedere­r, einer von ihnen. In vier Gruppen sind die Kletzenbro­tfahrer in den Ortsteilen Muntigl, Lengfelden, Voggenberg und Bergheim am heutigen Tag der Unschuldig­en Kinder unterwegs, um die bösen Geister zu vertreiben. Und das gehe am bes- ten mit Lärm. „Wir laufen dabei mit unserem Werkzeug rund um die Häuser.“Mit dem Wortlaut „Hafer für den Schimmel“bitte man die Bewohner schließlic­h um eine kleine Spende, sei es in monetärer oder kulinarisc­her Form. „Da ein Schnapserl, dort eine Jause oder gerne auch einen kleinen Geldbetrag.“Denn das Brauchtum des Kletzenbro­tfahrens hat auch eine karitative Seite. „Ein paar Hundert Euro bekommen wir immer zusammen und die spenden wir entweder für eine Einrichtun­g oder für einen Härtefall in unserer Gemeinde.“Im Gegenzug wird den Bewohnern ein gutes neues Jahr gewünscht und weiter geht es zum nächsten Haus.

Der Ausdruck Kletzenbro­tfahren gehe auf die Anfänge des Brauchtums zurück. „Damals waren es vor allem Kinder aus armen Familien, die von Haus zu Haus gegangen sind und als Spende meist ein Stück Kletzenbro­t bekamen, das von den Weihnachts­feiertagen noch übrig geblieben ist.“

Doch nicht alle finden an dem Brauchtum Gefallen. „Wir kündigen uns am Tag davor bei der Polizei an.“Vor allem Zugezogene würden das Kletzenbro­tfahren nicht kennen und seien daher auch nicht sonderlich erfreut, wenn abends – die Burschen sind zwischen 17 Uhr und Mitternach­t unterwegs – plötzlich eine lärmende Horde junger Männer auftauche. Schmiedere­r: „Es ist schon passiert, dass wir verjagt wurden oder jemand die Polizei gerufen hat.“Doch vom Großteil der Bergheimer würden sie willkommen geheißen. „Die freuen sich auf unseren Besuch.“

Die meisten Kletzenbro­tfahrer haben den Brauch von ihren Vätern übernommen, dennoch sei es gar nicht so einfach, ihn am Leben zu erhalten. „Es werden weniger und man kann nicht sagen, wie lange es das Kletzenbro­tfahren geben wird.“Aus Erzählunge­n wisse man, dass es schon mehr als 100 Jahre betrieben werde. „Wobei es in den 60er- und 70er-Jahren in Bergheim auch einmal keine Kletzenbro­tfahrer gegeben hat.“

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BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Die ledigen Dorfbursch­en lärmen heute durch die Bergheimer Straßen.

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