Salzburger Nachrichten

„Wir bewältigen die Folgen von Dieselgate“

Wolfgang Porsche (74) ist Aufsichtsr­atschef der Porsche AG und der Porsche Holding sowie Aufsichtsr­at von Volkswagen/Audi. Zum Konzern sagt er: „Wir sind noch lang nicht am Ziel.“

- GERHARD KUNTSCHIK

SN: Wie sehen Sie den Status quo und die Zukunft des Konzerns und seiner Marken?

Wolfgang Porsche: Der Volkswagen­Konzern ist ein starkes Gebilde. Aber wir müssen darauf achten, dass jede Marke für sich leistungsf­ähig und erfolgreic­h ist. Da sind wir gut unterwegs, ich betrachte dies als ganz wesentlich­e Aufgabe der Markenvors­tände. Wir sehen ja bei Porsche: Am besten ist es, ein Auto weniger zu bauen, als der Markt haben möchte. Aber zugegeben: Das Volumenges­chäft ist natürlich anders, eine kontinuier­lich laufende Produktion ist wichtig, muss aber auch flexibel sein können – in Abstimmung mit dem Vertrieb.

SN: Ist der Konzern für alle Zukunftsth­emen wie Elektrifiz­ierung, autonomes Fahren usw. gerüstet?

Wir haben bei diesen Themen große Fortschrit­te gemacht, aber wir sind noch lang nicht am Ziel. Allerdings ist die Forderung einzelner Politiker unrealisti­sch, man könne einen genauen Zeitpunkt benennen, zu dem der Verbrennun­gsmotor ausläuft und die völlige Elektri- fizierung da ist. Ein solches Datum kann heute niemand – auch kein Fachmann – ernsthaft kennen. Die Hersteller müssen aber dafür sorgen, dass die Kunden Vertrauen in Elektroaut­os fassen, etwa indem sie wissen, dass sie damit sicher von A nach B kommen. Solange die Hersteller ihnen dieses Gefühl nicht geben können, wird es bei der E-Mobilität nur kleine Fortschrit­te geben.

SN: Wenn es um Emissionen geht, wird immer nur über den Kfz-Verkehr und besonders Pkw gesprochen. Wieso nehmen das die Autobauer so einfach hin und hinterfrag­en nicht Flug-, Schiffsver­kehr, Energieund Landwirtsc­haft, Hausbrand?

Meine persönlich­e Meinung ist: Wir müssen das eine tun, ohne das andere zu lassen. Die Autoindust­rie muss ihre Hausaufgab­en machen. Aber ich gebe Ihnen völlig recht. Eine Reduktion der Fahrzeugem­issionen kostet Milliarden, wird jedoch allein die Umwelt nicht retten. Landwirtsc­haft, Energieunt­ernehmen, Privathaus­halte und andere müssen ihren Beitrag ebenfalls leisten, und das sollte die Autoindust­rie offensiver einfordern.

SN: War bzw. ist „Dieselgate“für VW existenzge­fährdend?

Die Aufarbeitu­ng läuft bekanntlic­h noch, aber soweit man das heute sagen kann: Nein. Ich denke, dass wir die Folgen bewältigen können.

SN: Wann wird das Problem ad acta gelegt sein?

Das wird – technisch gesehen – in absehbarer Zeit gelöst sein. Die juristisch­e Aufarbeitu­ng könnte uns dagegen noch Jahre beschäftig­en.

SN: Ist die Erhaltung individuel­ler Mobilität die größte Zukunftshe­rausforder­ung?

Meine Hoffnung ist, dass wir ein Auto immer auch individuel­l fahren können. Autonom fahren wird dauern, bis das flächendec­kend Realität ist. Ich gebe zu: Manchmal wird es mir schon heute angst und bange, wenn ich in ein neues Auto steige. Man ist überfütter­t von all den technische­n Angeboten. Und ich denke, das liegt nicht nur an meinem Alter. Es wird künftig noch wichtiger, dem Kunden alles zu bieten, ohne ihn zu überforder­n. Und was das autonome Fahren anbelangt, brauchen die Autobauer einen verlässlic­hen juristisch­en Rahmen. Wir sehen gerade ein Wettrennen darum, welches Land die rechtliche­n Standards setzt. Wir sollten nicht so lang diskutiere­n, bis uns andere die Bedingunge­n diktieren. SN: Wird es weiter individuel­le Mobilität geben?

Sie wird sicher eingeschrä­nkt. Ich hoffe, nicht zu sehr.

SN: Welche Autobauer sehen Sie für Zukunftsth­emen am besten aufgestell­t? Volkswagen ist relativ weit, aber es läuft hier nicht wie in China, wo der Staat einfach eine zehnprozen­tige Quote für E-Autos verordnet. Deshalb brauchen wir klare Rahmenbedi­ngungen von der Bundesregi­erung anstelle der Diskussion darüber, ob wir ab 2025, 2030 oder 2050 Verbrenner nicht mehr anbieten dürfen. Der Kunde bestimmt, wie sich die Dinge entwickeln. Denn er muss die E-Autos letztlich kaufen.

SN: Wird China bzw. Asien in absehbarer Zeit Weltmarktf­ührer – nicht nur beim Absatz?

Das ist zumindest das Ziel der dortigen Anbieter. Sie drängen seit Jahren auf den Weltmarkt. Und da sie beim Verbrenner hinterherh­inken,

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Ob der Name Porsche Verpflicht­ung, Bürde oder Stolz für ihn bedeute, beantworte­te Wolfgang Porsche so: „Alles zusammen. Je nach Alter!“
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Porsche wünscht sich im SN-Gespräch für die Autobauer klare Vorgaben durch die Politik.

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