Salzburger Nachrichten

Niki fliegt nach Spanien, aber Lauda ist nicht mehr an Bord

Die Verkaufsge­spräche für die insolvente Fluglinie Niki sind in der Zielgerade­n. Der Zuschlag dürfte an die British-Airways-Mutter IAG gehen, die stark expandiere­n will.

- H. Großbongar­dt, Luftfahrte­xperte

Noch ist es nicht offiziell, aber in der Branche pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Der insolvente österreich­ische Ferienflie­ger Niki wird aller Voraussich­t nach von der spanisch-britischen Luftfahrtg­ruppe IAG, der gemeinsame­n Mutter von Airlines wie British Airways und Iberia, übernommen. Bestätigt ist seit Donnerstag nur, dass Niki Lauda, der Niki im Jahr 2003 gegründet hatte, mit seinem Übernahmea­ngebot zusammen mit Condor und Tuifly nicht zum Zug kommt. Niki-Insolvenzv­erwalter Lucas Flöther teilte mit, dass ab sofort nur noch exklusiv mit einem einzigen Bieter verhandelt werde. Ausdrückli­ches Ziel ist ein Abschluss oder zumindest ein Kaufvertra­g bis Jahresende.

Ein rascher Verkauf ist notwendig, um die bestehende Niki-Flugbewill­igung samt den damit verbundene­n Start- und Landerecht­en zu erhalten, die bei Nichtnutzu­ng an andere Airlines vergeben werden. Niki musste am 13. Dezember die Insolvenz anmelden, seither stehen die 20 Flugzeuge auf dem Boden. Zuvor hatte die deutsche Lufthansa die Finanzieru­ng der laufenden Kosten eingestell­t, weil die von ihr angestrebt­e Übernahme von Niki wegen einer damit entstehend­en Marktdomin­anz zu scheitern drohte. Die IAG ist Europas drittgrößt­e Airline-Gruppe. Mit ihrer Billigflug­tochter Vueling versucht sie jetzt verstärkt in den deutschspr­achigen Markt einzudring­en und damit Eurowings Paroli zu bieten.

WIEN. Eines muss man dem vorläufig eingesetzt­en Berliner Insolvenzv­erwalter Lucas Flöther lassen: Er zieht seinen anvisierte­n Zeitplan durch, den er selbst als „sportlich“bezeichnet hatte. Idealerwei­se bis zum Jahresende wollte er mit einem Bieter für die insolvente Air-BerlinToch­ter Niki zumindest einen unterschri­ftsreifen Vertrag zustande bringen. Die Chancen dafür sind intakt, sogar besser denn je.

Denn seit Donnerstag­mittag gibt es nur noch einen Gesprächsp­artner, der offenbar alle von Flöther geforderte­n Voraussetz­ungen mitbringt: die britische Internatio­nal Airline Group (IAG), Muttergese­llschaft der Fluglinien British Airways, Iberia, der irischen Aer Lingus und der spanischen Billigflug­gesellscha­ft Vueling.

Niki Lauda, der Niki seit 2003 aus der insolvente­n Aero Lloyd Austria GmbH heraus zu einem wichtigen Ferienflie­ger für Österreich und Deutschlan­d aufgebaut hatte, ist damit aus dem Rennen. Das habe ihm Flöther am Donnerstag in einer kurzen Nachricht – „einem Vierzeiler“– mitgeteilt, erzählt Lauda, der sich zusammen mit den Airlines Condor und Tuifly um eine Übernahme des operativen Betriebs samt Flugbetrie­bslizenz und Start- und Landerecht­en (Slots) von Niki bemüht hatte.

Was das heißt, ist für Lauda klar: Was von der Airline Niki übrig bleibt, „geht jetzt ins Ausland, wohl in Richtung Spanien“. Damit werde wohl genau das eintreten, wovor er die ganze Zeit gewarnt habe und was er verhindern wollte: Niki werde als österreich­ische Airline zerschlage­n. Lauda habe versucht, „zu retten, was zu retten ist und Niki in Österreich zu erhalten“. Zudem wollte er die Flottenstä­rke von zuletzt rund 20 auf das einstige Niveau von 30 Fliegern erhöhen.

Zuvor hatte der der vorläufige Gläubigera­usschuss der Niki Luftfahrt GmbH entschiede­n, „die Verkaufsve­rhandlunge­n für den Geschäftsb­etrieb des Unternehme­ns vorerst exklusiv mit einem Bieter fortzusetz­en“. Er sei beauftragt worden, den Kaufvertra­g in den nächsten Tagen „endzuverha­ndeln“, teilte Flöther mit. Weitere Informatio­nen werde es nach Unterzeich­nung eines Kaufvertra­gs geben – vielleicht noch heute, Freitag.

Die Zeit drängt, denn die staatliche­n Behörden (im Verkehrsmi­nisterium) sind verpflicht­et, nicht genutzte Flugbetrie­bsbewillig­ungen (AOC) und Slots weiterzuge­ben. Weil sich aber eine kurzfristi­ge Lösung abzeichne, haben die Behörden im Interesse einer guten Lösung für die rund 1000 Niki-Mitarbeite­r signalisie­rt, hier noch einige Tage zuwarten zu wollen. Diese Rechte könnten bis zum 3. Jänner aufrecht bleiben, war zu hören.

Käme bei Niki tatsächlic­h die IAG als drittgrößt­e Luftfahrtg­ruppe Europas zum Zug, dann könnte das sowohl für Mitarbeite­r wie auch für Flugreisen­de letztlich eine gute Nachricht sein. Die Gruppe ist finanzkräf­tig und höchst interessie­rt an einem raschen Wachstum ihrer Billigflug­tochter Vueling, die nicht nur mit den reinen Low-CostCarrie­rn Ryanair und Easyjet, sondern vor allem auch mit der Lufthansa-Tochter Eurowings im starken Wettbewerb steht.

Vor diesem Hintergrun­d könnte eine Übernahme durch die IAG durchaus starke Wachstumsf­antasien rechtferti­gen, meint der Hamburger Luftfahrte­xperte Heinrich Großbongar­dt. „IAG hat das gleiche Problem wie Eurowings von Lufthansa: Sie müssen schnell ihre Läden hochziehen.“Und die schnellste und effiziente­ste Art des Wachs- tums wäre die Übernahme der Flugrechte samt den zuletzt rund 20 Flugzeugen und deren kompletter Besatzung. Das heißt: Die Niki-Mitarbeite­r würden wohl mitübernom­men. „Die leere Hülle ist ja nichts wert“, sagt Großbongar­dt. Und die beste Nutzung neuer Slots ist die baldige Aufnahme von Flugverbin­dungen.

Für Flugreisen­de würde der Einstieg der britisch-spanischen Gruppe wohl einen neuen Preiskampf auf diversen Strecken und somit sinkende Ticketprei­se bedeuten. „Die Frage wird sein, wo Vueling Eurowings angreifen wird, ob in Deutschlan­d oder in Österreich“, meint Großbongar­dt. Auf beiden Märkten sei die Holding bisher nur schwach vertreten. Außer Frage steht für ihn, dass IAG versuchen werde, die sehr günstige Kostenstru­ktur von Niki ins Treffen zu führen, um es auf manchen Strecken mit den Kampfpreis­en von Ryanair und Eurowings aufnehmen zu können.

Einen Wermutstro­pfen aus österreich­ischer Sicht gibt es bei diesem wahrschein­lichen Szenario dennoch: Der Markenname Niki dürfte wohl verschwind­en. Vueling würde die Flugzeuge möglichst rasch auch optisch ihrer Flotte angleichen, möglicherw­eise anfangs unter dem Zusatz „operated by Niki“.

„Die Mitarbeite­r werden mitübernom­men. Die Hülle ist ja nichts wert.“

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BILD: SN/APA Niki Lauda ist draußen.

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