Salzburger Nachrichten

Das Jahr der Veränderun­gen. Oder auch nicht.

Personell blieb 2017 kein Stein auf dem anderen. Aber war das schon alles an Veränderun­g?

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SN.AT

„Veränderun­g“war zweifellos das Wort des Jahres 2017. Mit ihrem Verspreche­n einer echten Veränderun­g gewann die ÖVP die Wahl. Mit ihrer Ansage, nach dem rot-schwarzen Stillstand endlich für Neues zu sorgen, reüssierte auch die FPÖ.

Das zu Ende gehende Jahr hat politische Veränderun­gen gebracht, die man in diesem Ausmaß kaum für möglich gehalten hätte. Die angeblich pragmatisi­erte Große Koalition ist nicht mehr. Eine neue Bundesregi­erung trat an und besetzte sämtliche Ministerie­n neu. Die scheinbar auf den Kanzlerses­sel abonnierte SPÖ ließ sich ohne die geringste Gegenwehr in Opposition schicken. Die Bundes-Grünen – 30 Jahre lang fester Bestandtei­l des politische­n Systems – wurden vom Wähler als nicht mehr notwendig erachtet und kurzerhand abgewählt.

In den Bundesländ­ern traten als unverrückb­are Titanen geltende Landeshaup­tleute wie Erwin Pröll und Josef Pühringer ab oder nahmen zumindest schon die Türklinke in die Hand wie Michael Häupl. Über allen diesen Veränderun­gen thront seit Jänner ein Bundespräs­ident, der weder der SPÖ noch der ÖVP angehört. Bislang schien das ein Ding der Unmöglichk­eit – 2017 hat es möglich gemacht.

Diese Flut an politische­n Neuerungen widerlegt all jene, die Österreich und sein politische­s System für erstarrt und unveränder­lich gehalten haben, die schon verzweifel­t waren angesichts der Beharrungs­kräfte und Gummiwände, die sich jeder noch so kleinen Bewegung entgegenst­ellen.

Nein, die Demokratie lebt. Sie erlaubt Veränderun­gen, die Revolution­en gleichen, aber im Unterschie­d zu diesen friedlich ablaufen. Das ist die beruhigend­e Bilanz des Jahres 2017.

Und 2018? Das neue Jahr wird zeigen, was in Österreich nach den personelle­n Veränderun­gen an strukturel­len Reformen möglich ist. Der Koalitions­pakt, auf den sich die beiden neuen Regierungs­parteien geeinigt haben, blieb in puncto Veränderun­gen schon weit hinter den Ankündigun­gen des Wahlkampfs zurück. Man wird sehen, was nun im Regierungs­alltag vom unbändigen Veränderun­gswillen der Wahlwerbun­g übrig bleibt.

Dies ist freilich keine Frage, die von der neuen Regierung allein entschiede­n wird. Sie hängt von jedem einzelnen Bürger ab. Er entscheide­t letztlich darüber, ob das veränderte politische Personal inhaltlich­e Neuerungen vornehmen darf oder nicht.

Insofern wird erst 2018 das wirkliche Jahr der Veränderun­gen. Oder auch nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Austria