Kleiner Mann, keine Entlastung
Man sollte sich nichts vormachen lassen: Wenn etwas möglich ist, dann eine Verschiebung zu mehr Eigenverantwortung.
Angesichts einer Steuer- und Abgabenquote von 42,7 Prozent gibt es gute Gründe für eine Entlastung. Man sollte jedoch auf dem Boden der Realität bleiben: Sehr viele verdienen so wenig, dass bei ihnen kaum eine Steuer fällig wird. Genauer: Von den sieben Millionen, die die „Integrierte Lohn- und Einkommensteuerstatistik“ausweist, ist es beinahe die Hälfte. Also können diese 3,3 Millionen Frauen und Männer steuerlich nicht mehr wirklich entlastet werden. Bei ihnen ist die Sache ausgereizt.
Stärker ins Gewicht fallen bei ihnen Sozialversicherungsbeiträge. Beim durchschnittlichen Arbeitereinkommen von 1792 Euro netto im Monat (Stand 2016) beträgt der Dienstnehmeranteil immerhin 468 Euro. Das ist viel Geld. Einerseits. Andererseits: Auch wenn man sämtliche Einsparungsmöglichkeiten „beim System“ausnützt, bleibt das Ergebnis bescheiden. Würde man beispielsweise die gesamte Verwaltung im Sozialversicherungssektor in Luft auflösen, könnte man die Beiträge um vielleicht zweieinhalb Prozent senken. Was allerdings Theorie ist. Praktisch wäre es schon eine Meisterleistung, könnte man die Beiträge um ein Prozent reduzieren. Was bei dem Arbeiter 4,68 Euro entsprechen würde.
Doch auch dabei sollte man sich nichts vormachen lassen: Ehe man sich an eine Entlastung macht, muss man zunächst einmal alles tun, damit keine weiteren Belastungen nötig werden. Es fehlen in den wirklich entscheidenden Bereichen nämlich noch immer Reformen, die nachhaltig wirken. Womit wir bei dem Ausgabenposten wären, der mit mehr als 50 Milliarden Euro mit Abstand am größten ist: den Pensionen. Kleiner wird dieser Aufwand nicht. Im Gegenteil. Herr und Frau Österreicher sind bald 25 Jahre lang in Pension. In Worten: ein Vierteljahrhundert. Da können sie zuvor noch so viel buckeln und einzahlen, sie werden ihre eigenen Ansprüche nie und nimmer selbst finanzieren können. Folglich ist es ein Glück, dass es das „Umlageverfahren“gibt: Erwerbstätige kommen für die jeweiligen Pensionszahlungen auf. Nur so geht sich das mit Ach und Krach aus. Will man nun aber Mindestpensionen erhöhen, wird das noch schwieriger. Dann werden in weiterer Folge begleitende Maßnahmen nötig: eine viel kräftigere Anhebung des Antrittsalters, mehr Zuschüsse aus Steuermitteln – sowie zusätzliche Privatvorsorge, die naturgemäß jeder selbst betreiben müsste, um im Alter ein gewisses Niveau halten zu können.
Was zeigt, wie sehr sich Entlastungen auf Dauer relativieren. Es ist eher so, dass sich Belastungen verlagern. Wobei es sich um eine Systemumstellung handelt, die man begrüßen oder auch ablehnen kann, die man jedoch sehen sollte: von staatlicher Vollversorgung hin zu mehr Eigenverantwortung.