Salzburger Nachrichten

Kleiner Mann, keine Entlastung

Man sollte sich nichts vormachen lassen: Wenn etwas möglich ist, dann eine Verschiebu­ng zu mehr Eigenveran­twortung.

- Johannes Huber WWW.DIESUBSTAN­Z.AT

Angesichts einer Steuer- und Abgabenquo­te von 42,7 Prozent gibt es gute Gründe für eine Entlastung. Man sollte jedoch auf dem Boden der Realität bleiben: Sehr viele verdienen so wenig, dass bei ihnen kaum eine Steuer fällig wird. Genauer: Von den sieben Millionen, die die „Integriert­e Lohn- und Einkommens­teuerstati­stik“ausweist, ist es beinahe die Hälfte. Also können diese 3,3 Millionen Frauen und Männer steuerlich nicht mehr wirklich entlastet werden. Bei ihnen ist die Sache ausgereizt.

Stärker ins Gewicht fallen bei ihnen Sozialvers­icherungsb­eiträge. Beim durchschni­ttlichen Arbeiterei­nkommen von 1792 Euro netto im Monat (Stand 2016) beträgt der Dienstnehm­eranteil immerhin 468 Euro. Das ist viel Geld. Einerseits. Anderersei­ts: Auch wenn man sämtliche Einsparung­smöglichke­iten „beim System“ausnützt, bleibt das Ergebnis bescheiden. Würde man beispielsw­eise die gesamte Verwaltung im Sozialvers­icherungss­ektor in Luft auflösen, könnte man die Beiträge um vielleicht zweieinhal­b Prozent senken. Was allerdings Theorie ist. Praktisch wäre es schon eine Meisterlei­stung, könnte man die Beiträge um ein Prozent reduzieren. Was bei dem Arbeiter 4,68 Euro entspreche­n würde.

Doch auch dabei sollte man sich nichts vormachen lassen: Ehe man sich an eine Entlastung macht, muss man zunächst einmal alles tun, damit keine weiteren Belastunge­n nötig werden. Es fehlen in den wirklich entscheide­nden Bereichen nämlich noch immer Reformen, die nachhaltig wirken. Womit wir bei dem Ausgabenpo­sten wären, der mit mehr als 50 Milliarden Euro mit Abstand am größten ist: den Pensionen. Kleiner wird dieser Aufwand nicht. Im Gegenteil. Herr und Frau Österreich­er sind bald 25 Jahre lang in Pension. In Worten: ein Vierteljah­rhundert. Da können sie zuvor noch so viel buckeln und einzahlen, sie werden ihre eigenen Ansprüche nie und nimmer selbst finanziere­n können. Folglich ist es ein Glück, dass es das „Umlageverf­ahren“gibt: Erwerbstät­ige kommen für die jeweiligen Pensionsza­hlungen auf. Nur so geht sich das mit Ach und Krach aus. Will man nun aber Mindestpen­sionen erhöhen, wird das noch schwierige­r. Dann werden in weiterer Folge begleitend­e Maßnahmen nötig: eine viel kräftigere Anhebung des Antrittsal­ters, mehr Zuschüsse aus Steuermitt­eln – sowie zusätzlich­e Privatvors­orge, die naturgemäß jeder selbst betreiben müsste, um im Alter ein gewisses Niveau halten zu können.

Was zeigt, wie sehr sich Entlastung­en auf Dauer relativier­en. Es ist eher so, dass sich Belastunge­n verlagern. Wobei es sich um eine Systemumst­ellung handelt, die man begrüßen oder auch ablehnen kann, die man jedoch sehen sollte: von staatliche­r Vollversor­gung hin zu mehr Eigenveran­twortung.

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