Salzburger Nachrichten

Handel öffnet die Tür für politische­n Einfluss

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sche Regierung wiederum misstraut Kabul, weil die dortige Regierung die Unterstütz­ung der USA genießt.

China ist mit seinen Vermittlun­gen nun bereits erfolgreic­her, als die USA es in ihren Bemühungen um größere Ruhe in der Region je waren. Das hat zwei Gründe: Peking fördert die Wirtschaft in kooperatio­nswilligen Nachbarlän­dern, was auch Türen für Gespräche öffnet. Außerdem bemühen sich die Diplomaten des Landes um Ausgleich, während die USA Pakistan zuletzt vor allem harsch angegriffe­n haben. Im August hat Präsident Donald Trump das Land als Unterstütz­er von Terroriste­n gebrandmar­kt. China sieht sich dagegen als Freund der Regierung in Islamabad.

Die chinesisch­e Afghanista­n-Initiative ist Teil eines größeren Plans. Präsident Xi Jinping verfolgt mit Priorität seine „Seidenstra­ßen-Initiative“. Dabei handelt es sich um einen Dachbegrif­f für eine Ausdehnung des chinesisch­en Handels und des politische­n Einflusses Chinas in drei Dutzend Ländern.

Ein Kernprojek­t ist der China-Pakistan-Wirtschaft­skorridor. Dabei geht es um ein 3000 Kilometer langes Gebiet zwischen Kashgar im äußersten Westen Chinas und der pakistanis­chen Hafenstadt Gwadar. Peking lässt hier in den kommenden Jahren mehr als 50 Milliarden Euro investiere­n. Geplant sind Straßen und Brücken, Stromleitu­ngen, Ölleitunge­n, Eisenbahnl­inien, Gewerbegeb­iete, Hightech-Parks und so weiter.

Nun will China Afghanista­n in das Vorhaben einbeziehe­n. „Langfristi­g werden wir den PakistanKo­rridor mit dem Zentralchi­nesischen Wirtschaft­skorridor und dem Westasiati­schen Wirtschaft­skorridor durch Afghanista­n verbinden“, ließ Chinas Außenminis­ter Wang Yi mitteilen. Diese sperrige Aussage zeigt Pekings Ambitionen: Schneisen chinesisch­er Kontrolle sollen kreuz und quer durch den asiatische­n Kontinent laufen. China stoße hier in geschickte­r Weise in „leere Räume“vor, die der Westen lange Zeit vernachläs­sigt habe, sagt Sebastian Heilmann, Leiter des Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin.

Eine Stabilisie­rung der Lage in Afghanista­n liegt derzeit besonders in Chinas Interesse. Die beiden Länder haben eine kurze gemeinsame Grenze. Peking befürchtet, dass islamistis­che Terroriste­n im eigenen Land Unterstütz­ung von dort erhalten könnten. Ein Sechstel des afghanisch­en Gebiets befindet sich unter der Kontrolle der Taliban. Die Bevölkerun­g der westlichen Provinz Chinas, der Autonomen Region Xinjiang, besteht rund zur Hälfte aus der ethnischen Gruppe der Uiguren. Auch wenn bisher nur wenig von Terroransc­hlägen zu hören ist: Da Peking dort mit brutaler Unterdrück­ung herrscht, wäre eine zunehmende Radikalisi­erung ein denkbares Szenario.

Mit Chinas Afghanista­n-Initiative setzt sich jetzt ein Trend der vergangene­n Monate fort: Während die USA sich mehr nach innen orientiere­n und ausländisc­he Partner eher vor den Kopf stoßen, dehnt China seinen Einfluss aus. Ausgangspu­nkt ist meist die wirtschaft­liche Kooperatio­n, aber Peking bringt sich immer öfter auch politisch ein. Obwohl das Land wenig echte Verbündete hat, gelingt es ihm solcherart, ein Netz von belastbare­n Beziehunge­n zu knüpfen.

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