Salzburger Nachrichten

„Ich bin ein Wettkampft­yp“

Wie Skispringe­r Stefan Kraft den hohen Erwartunge­n standhält und warum es Nervosität braucht, um erfolgreic­h zu sein, erzählt der Tournee-Mitfavorit im SN-Interview.

- Stefan Kraft, ÖSV-Springer Schattenbe­rgschanze (HS 137), SR 143,5 m/Sigurd Pettersen (NOR): Freitag, 29. Dezember: Qualifikat­ion (16.30 Uhr) Samstag, 30. Dezember: 1. Wertungsdu­rchgang (16.30), anschl. Finale.

Dass Stefan Kraft weiß, wie man die Vierschanz­entournee gewinnt, hat er bei seinem Sieg vor drei Jahren schon ein Mal unter Beweis gestellt. Seitdem hat der 24-jährige Salzburger eine Reihe anderer Skisprung-Trophäen eingesamme­lt, ist Doppelwelt­meister, Gesamtwelt­cupsieger – und zählt damit natürlich auch bei der 66. Tournee-Auflage zum engsten Favoritenk­reis. SN: Mit dem Tourneesta­rt beginnt der Rummel. Sind Sie zumindest zu Weihnachte­n zur Ruhe gekommen? Stefan Kraft: Ja, ich habe mir drei Tage Ruhe gegönnt, um den Kopf frei zu bekommen. Ich habe gemeinsam mit meiner Familie und meiner Freundin Marisa Weihnachte­n gefeiert. Jetzt bin ich bereit, es kann losgehen. SN: Vor Weihnachte­n haben Sie noch ein „Trainingsl­ager“in Garmisch absolviert. Mit welchen Erkenntnis­sen? Dass ich gut drauf bin, mich auf der Schanze wohlfühle. Ich habe in Garmisch neun lockere Sprünge gemacht, ganz ohne Hektik. Ich habe einen neuen Ski und einen neuen Anzug probiert. Es hat sich alles richtig angefühlt, nur die Farbe des Sprunganzu­gs ist gewöhnungs­bedürftig: silber mit lachsrosa. (lacht) SN: Sie haben in dieser Saison drei Podestplät­ze, aber noch keinen Weltcupsie­g zu Buche stehen. Die Ausgangssi­tuation erinnert frappant an das Vorjahr. Und da haben Sie das Tourneespr­ingen in Oberstdorf ... ... gewonnen, ich weiß. Es ist tatsächlic­h mit der vergangene­n Saison zu vergleiche­n. Ich habe gute Leistungen und konstante Sprünge gezeigt, aber es war noch kein perfekter Wettkampf dabei, wo wirklich alles gepasst hat. Trotzdem bin ich ganz vorn dabei, was mir zeigt: Ich brauche mir keine Sorgen zu machen. SN: Welche Erinnerung­en verbinden Sie mit der Tournee? Ausnahmslo­s positive. Mit Rang drei in Bischofsho­fen (2013, Anm.) ist mir der Durchbruch gelungen, zwei Jahre später habe ich die Tournee gewonnen. Ich mag die Tourneesch­anzen, ich mag die Wettkampfo­rte. Mir gefällt, wenn es richtig zur Sache geht und dass viele Zuschauer kommen. SN: Erhöht das aber nicht auch gleichzeit­ig den Druck? Klar kribbelt es noch einmal mehr als bei einem gewöhnlich­en Weltcupspr­ingen. Aber diese Nervosität brauche ich. Aus Erfahrung kann ich sagen: Je aufgeregte­r ich war, umso besser bin ich gesprungen. SN: Was ist größer: der Leistungsd­ruck, den Sie sich selbst auferlegen, oder der, der von außen an Sie herangetra­gen wird? In erster Linie mache ich mir selbst Druck, weil ich ja eine gewisse Erwartungs­haltung an mich selbst habe. Von außen habe ich diesen Druck nie so richtig gespürt, was mich vielleicht von anderen Sportlern unterschei­det. SN: Angenommen, Sie sitzen beim Tourneefin­ale in Bischofsho­fen im zweiten Durchgang als Letzter am Zitterbalk­en. Welcher Film spielt sich da in Ihrem Kopf ab? Dass ich im ersten Durchgang schon vieles richtig gemacht haben muss und mir deshalb klar sein sollte, was ich zu tun habe. Aber natürlich spielt man in so einer Situation alle möglichen Szenarien durch. Sollte die Nervosität zu groß werden, versuche ich mich abzulenken, unterhalte mich mit den Vorspringe­rn oder dem Ablasser. In Bischofsho­fen habe ich den Vorteil, dass ich die alle persönlich kenne. (lacht) SN: Sie verzichten als einer von wenigen Springern auf einen Mentaltrai­ner. Woher kommt denn Ihre Souveränit­ät? Ich denke, das muss in dir drin sein. Ich war immer schon ein Wettkampft­yp. Wenn ich weiß, dass ich alles für den Erfolg getan habe und auch mein Team um mich herum das Beste getan hat, dann finde ich auch die innere Ruhe, die es im Skispringe­n braucht.

„Mit der Tournee verbinde ich ausnahmslo­s positive Erinnerung­en.“

SN: Wie lautet Ihre persönlich­e Zielsetzun­g für die Tournee? Ich würde mir schon wünschen, dass ich noch Chancen auf den Gesamtsieg habe, wenn der ganze Tross zu meinem Heimspring­en nach Bischofsho­fen zieht. Daheim will ich voll zuschlagen. Ein bisher noch unerreicht­es Ziel ist es ja, einmal ein Heimspring­en zu gewinnen. Dazu gilt es vor allem Richie Freitag zu schlagen. Der ist derzeit auf einer ähnlichen Welle, wie ich es in der zweiten Hälfte der letzten Saison war. Noch dazu ist er vor Kurzem nach Oberstdorf umgezogen und genießt zum Tourneesta­rt sozusagen doppelten Heimvortei­l. Programm Oberstdorf

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BILD: SN/GEPA/PRANTER
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