Worte genügen nicht mehr
Für Tesla-Chef Musk gilt 2018: Make it or break it.
Tesla-Chef Elon Musk schien 2017 zunächst wie der große Gewinner, doch dann fielen ihm seine gewagten Versprechen zunehmend auf die Zehen. Jetzt ist der Druck auf den Milliardär extrem hoch – er muss beweisen, dass er seine Ankündigungen auch umsetzen kann. Zuletzt kamen bereits Zweifel auf, das „Überflieger-Image“erlitt Kratzer. 2018 müssen Erfolge her, sonst könnte es für ihn und Tesla ungemütlich werden.
Noch ist der Starkult um Musk riesig, seine Anhänger vergleichen ihn mit legendären Vordenkern wie Steve Jobs oder Henry Ford. Im Interview mit dem „Rolling Stone“schlug Musk allerdings ungewohnt düstere Töne an.
„Ich habe in den vergangenen Wochen ernsthafte emotionale Schmerzen gehabt“, sagte der 46-jährige Manager. Vor der Zeremonie zum Lieferstart von Teslas erstem Mittelklasse-Elektroauto Model 3 im Juli sei er niedergeschlagen gewesen. „Es hat jedes Quäntchen Willenskraft gebraucht, dieses Event durchzuziehen und dabei nicht wie der depressivste Typ dort auszusehen“, räumte er ein.
Bei der spektakulären Show, bei der die ersten 30 Model 3 an ihre Besitzer übergeben wurden, ahnte Musk wohl bereits, dass er sich womöglich übernommen hat. Für Tesla ist das neue Auto extrem wichtig. Das Model 3 kostet rund 35.000 Dollar – weniger als halb so viel wie die bisherigen Luxusmodelle S und X. Der Wagen soll Tesla von der Nische in den Massenmarkt bringen.
Angefacht wurde der Ansturm von Musk selbst. Große Ankündigungen fielen ihm schon immer leicht. Bis 2020 will er die Produktion auf eine Million Autos pro Jahr hochfahren. Das ist ein ausgesprochen ambitioniertes Ziel. In diesem Jahr rechnet Tesla damit, etwas mehr als 100.000 Autos an die Kundschaft zu bringen. Seit Firmengründung 2003 wurden bislang rund 250.000 Einheiten ausgeliefert. Um Musks ehrgeizige Vorgaben zu erfüllen, muss Tesla ho ruck von einer Oberklasse-Boutique zum Volumen-Hersteller werden.
Da das Unternehmen keinerlei Erfahrung mit Massenfertigung hat, waren die Zweifel in der Branche von Anfang an groß. Doch Musk will von Skepsis und Kritik nichts hören. Mit seiner Draufgängerart hatte er nicht nur die Tesla-Fans, sondern auch die Wall Street überzeugt. Zwischenzeitlich war die Euphorie der Anleger so groß, dass Teslas Börsenwert den der USAutoriesen General Motors und Ford überstieg – obwohl beim Absatz Welten zwischen Tesla und den Rivalen liegen und Musks Firma seit Jahren nur Verluste anhäuft.
Im Herbst wurde Tesla auf den Boden der Realität zurückgeholt: Mit lediglich 260 Model 3 wurden die Produktionsziele im dritten Quartal massiv verfehlt, der Zeitplan für den Anlauf der Serienfertigung musste verschoben werden. Statt Kampfansagen warnte Musk plötzlich: „Wir stecken tief in der Produktionshölle“. Im November kam es noch dicker: In Form des höchsten Quartalsverlusts der Firmengeschichte wurde Anlegern die Rechnung für Teslas Mammut-Projekte präsentiert.
Statt sich jedoch mit dem Holperstart beim Model 3 aufzuhalten, preschte Musk mit neuen Ankündigungen voran. Er stellte einen strombetriebenen Lastwagen und eine Neuauflage des E-Sportwagens Roadster vor. Das sorgte für Ablenkung. Aber entscheidend ist, dass Musk beim Model 3 Erfolg hat. Der Einzug in den Massenmarkt muss gelingen, damit Tesla irgendwann profitabel wird. Musk kann nicht ewig das Geld von Investoren verbrennen. Er muss 2018 Ergebnisse liefern.