Stille im Schnee.
Ein Ausblick auf die Streaming-Höhepunkte 2018: Frauenrollen liegen im Trend, eine Serie verliert ihren Star. Und ein Deal könnte die gesamte Branche auf den Kopf stellen.
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NEW YORK. Disney schluckt Fox. Oder anders: Micky Mouse macht künftig gemeinsame Sache mit den Simpsons. Vor wenigen Tagen gab der Disney-Konzern bekannt, große Teile des Medienriesen 21st Century Fox übernehmen zu wollen. Sollte der 52-Milliarden-Deal von den US-Wettbewerbsbehörden durchgewunken werden, wird sich das amerikanische Film- und Seriensegment neu ordnen. Vor allem der Streamingmarkt könnte durch den Kauf auf den Kopf gestellt werden.
Branchenbeobachter ordnen den Vorstoß Disneys als „Großangriff auf den boomenden Video-on-Demand-Markt“ein. Es gibt auch schon konkrete Pläne: Disney übernimmt den Fox-Anteil an Hulu, jenem Dienst, der als Streamingpionier gilt – und der mit „The Handmaid’s Tale“die Emmy-Serie 2017 produziert hat. Zudem wird 2018 der Sportsender ESPN als Internetdienst starten. Doch der große Wurf soll im Jahr darauf folgen: Disney will einen eigenen Onlinevideodienst für Filme und Serien lancieren. Das Angebot dürfte riesig sein. Zu den Disney-Blockbustern wie „Star Wars“gesellen sich dann neben den „Simpsons“weitere FoxErfolgsserien wie „Fargo“oder Kinohits wie „Avatar“und „X-Men“.
Und was bedeutet das für den Streamingprimus Netflix? 2019 will Disney, zu dem Pixar, Marvel und Lucasfilm gehören, keine Neuveröffentlichungen mehr an Netflix liefern. Sollten darunter auch die FoxProduktionen fallen, gehen Netflix massenhaft Inhalte verloren.
Doch Netflix will sich dem neuen Konkurrenten nicht ergeben. Im Gegenteil: Der Streamingdienst gibt im kommenden Jahr acht Milliarden Dollar für Eigenproduktionen aus – und will bald die Hälfte seiner Inhalte selbst drehen. Rund 30 neue Anime-Serien und 80 Filme sollen 2018 erscheinen. Zum Vergleich: Disney brachte 2016 in den USA 13 Filme auf den Markt, Sony kam im selben Jahr auf 38 Filme.
Im Kampf gegen Micky Mouse und die Simpsons konnte sich Netflix den Erfinder der gelben Comicfiguren aus Springfield ins Boot holen: Matt Groening schuf mit „Disenchantment“(Ernüchterung) eine eigene 20-teilige Fantasy-Zeichentrickserie für Netflix. Der Mehrteiler dreht sich um die trinkfreudige Prinzessin Bean, die in einer Welt voller „Kobolde, Trolle und menschlicher Trottel“unterwegs ist.
Ob Fans der Polit-Serie „House of Cards“schon 2018 die finale Staffel geliefert bekommen, ist dagegen offen. Nach den Vorwürfen wegen sexueller Übergriffe gegen Hauptdarsteller Kevin Spacey sollen die Dreharbeiten nun ohne Spacey weitergehen. Robin Wright alias Präsidentenfrau Claire Underwood wird die Hauptrolle übernehmen. „House of Cards“ist eine von gleich mehreren Streamingproduktionen, in denen Frauen im Mittelpunkt stehen – so wie bei Hulus „The Handmaid’s Tale“, der Häftlingsserie „Orange Is The New Black“oder der umstrittenen Jugendproduktion „13 Reasons Why“(beide auf Netflix). All die Serien sollen 2018 neue Staffeln bekommen. „House of Cards“wird im deutschsprachigen Raum übrigens auf Sky und dessen Streamingdienst Sky Ticket gezeigt. So wie die überaus erfolgreiche Fantasyserie „Westworld“, die bereits ab dem Frühjahr in eine zweite Staffel gehen wird. Ein genauer Starttermin steht aber noch nicht fest.
Das gilt auch für jene Serie, die laut Roy Price, Ex-Chef der Amazon Filmstudios, das ist, was „Der weiße Hai“für das Kino der 70er war: „Game of Thrones“. Doch aufgrund der längeren Produktionszeit wird die finale Staffel der Fantasyreihe wohl erst Anfang 2019 ausgestrahlt.
Zwei weitere Netflix-Produktionen, die 2018 starten, werden sich hingegen um die deutsche Hauptstadt Berlin drehen: zum einen die Serie „Dogs of Berlin“, produziert vom Pinzgauer Sigi Kamml, zum anderen „Mute“, ein in Berlin angesiedelter Science-Fiction-Film.
Parallel rotiert auch Amazon Prime, der Video-on-Demand-Dienst des Shoppingriesen, um sich von der Konkurrenz nicht abhängen zu lassen. Im September waren laut „Variety“weltweit knapp 70 Serien und 20 Filme für Amazon in Produktion oder zumindest auf dem Weg dorthin. Dazu gehören etwa „Lazarus“, nach dem Comic von Greg Rucka, „Snow Crash“, ein Science-Fiction-Drama basierend auf dem Cyberpunk-Roman von Neal Stephenson, und „Ringworld“, bei dem ein Mann Außerirdische bei einer Suchmission begleitet. Zudem wird es bereits im Frühjahr eine zweite Staffel von Matthias Schweighöfers Actionserie „You Are Wanted“geben.
Weitere Filme und Serien dürften dazukommen, wenn zwei andere Riesen in den Markt einsteigen: Facebook und Apple planen Streamingproduktionen. Allein Apple habe dafür eine Milliarde Dollar beiseitegelegt. Und erste Projekte stehen auch schon fest. Apple sicherte sich die Rechte an einer Serie mit den Hollywoodstars Reese Witherspoon und Jennifer Aniston. Für Aniston ist die noch namenlose Produktion, in der es um die Welt des Frühstücksfernsehens geht, die erste Serienrolle seit dem 90er-Jahre-Hit „Friends“. Parallel will Apple die Steven-Spielberg-Serie „Unglaubliche Geschichten“wiederbeleben; Spielberg ist als ausführender Produzent mit an Bord. Wann Apple mit den Serien starten will, ist nicht bekannt. Und es ist nicht klar, ob der iPhone-Riese die Produktionen auf dem hauseigenen Film- und Musikdienst iTunes zeigen wird. Oder nicht auch noch eine neue Streamingplattform startet.