Salzburger Nachrichten

Der Arbeitsmar­kt ist kein Platz für politische Spiele

Die neue Regierung kippt zwei Prestigepr­ojekte ihrer Vorgängeri­n. Sie muss nun beweisen, dass dahinter mehr steckt als Revanchege­lüste.

- Richard Wiens RICHARD.WIENS@SN.AT

Jede Regierung ist verständli­cherweise bemüht, sich von ihrer Vorgängeri­n abzugrenze­n – personell, aber vor allem auch thematisch. Die neue schwarz-blaue Koalition, die nach eigenem Bekunden alles verändern will – und sich genau darin nicht von früheren Regierunge­n unterschei­det –, geht allerdings tatsächlic­h neue Wege. Dass man zwei Maßnahmen für den Arbeitsmar­kt mit einem Gesamtvolu­men von knapp 2,8 Mrd. Euro am Neujahrsta­g per Umlaufbesc­hluss zu Grabe trägt, ist hoffentlic­h nicht der neue politische Stil, von dem seit Monaten ständig die Rede ist.

Ungeachtet der schlechten Haltungsno­ten, die die Koalition dafür verdient, geht es um die sachliche Beurteilun­g der Entscheidu­ng, die Aktion 20.000 sowie den Beschäftig­ungsbonus zu stoppen. Letzterer ist auch nach Ansicht vieler Experten, die keine politische­n Rücksichte­n zu nehmen haben, eine Maßnahme, die nicht in das aktuelle wirtschaft­liche Umfeld passt. Als die SPÖ-ÖVP-Koalition den Bonus beschloss, war die Lage eine andere, mittlerwei­le läuft der Konjunktur­motor auf hohen Touren, der Trend bei der Arbeitslos­igkeit ist konstant rückläufig. In so einer Situation muss man Betrieben nicht die Hälfte der Lohnnebenk­osten für Jobs ersetzen, die sie auch ohne öffentlich­e Förderung schaffen müssten, um den steigenden Bedarf an Arbeitskrä­ften zu decken.

Bemerkung am Rande: Dass die FPÖ dem Aus für den Beschäftig­ungsbonus zustimmt – mit dem gezielt Jobs für Inländer sowie bereits hier tätige Ausländer gefördert werden sollten –, lässt einen ersten Schluss auf die Kräfteverh­ältnisse in der Koalition zu.

Bei der Aktion 20.000 sieht die Sache anders aus. Hier handelt es sich eher um eine sozial- denn um eine arbeitsmar­ktpolitisc­he Maßnahme. Man wollte älteren Langzeitar­beitslosen zumindest für die Dauer von zwei Jahren Beschäftig­ung im geschützte­n öffentlich­en Sektor geben. Um dauerhaft auf dem Arbeitsmar­kt Fuß zu fassen, ist das Geld möglicherw­eise besser für Qualifizie­rungsmaßna­hmen eingesetzt.

Die neue Koalition signalisie­rt Arbeitssuc­henden, dass sie beim Prinzip „Fördern und Fordern“stärker das Fordern betont. Das lässt bei vielen die Alarmglock­en läuten, muss aber deshalb nicht falsch sein. Das gilt aber nur, wenn die Regierung die frei werdenden Mittel – die Förderung bereits geschaffen­er Jobs im Rahmen der Aktion 20.000 und der Anträge auf Beschäftig­ungsbonus dürfte rund eine der vorgesehen­en 2,8 Mrd. Euro kosten – der Arbeitsmar­ktpolitik nicht entzieht. Und wenn sie die Lohnnebenk­osten generell senkt, um Arbeitsein­kommen zu entlasten.

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