Ein Jahr für 1,3 Milliarden
Längeres Arbeiten würde das Pensionssystem ausfinanzieren, sagt die Seniorenchefin Ingrid Korosec. Und hat auch sonst noch einige Vorschläge.
WIEN. Die SPÖ-Pensionisten. Die ÖVP-Pensionisten. Die FPÖ-Pensionisten. Die ÖGB-Pensionisten. Und dazu – als sogenannte eingebundene Organisationen die Grünen-, die KPÖ- und die BZÖ-Pensionisten: Der „Österreichische Seniorenrat“ist ein machtvoller Sozialpartner, der – als Dachverband der Pensionistenorganisationen quer über die politische Palette – mehr als 700.000 Seniorinnen und Senioren vertritt.
Entsprechend selbstbewusst tritt Ingrid Korosec, die neue Präsidentin des überparteilichen Seniorenrats, in Erscheinung. Die größeren Pensionistenverbände wechseln sich turnusmäßig in der Präsidentschaft des Seniorenrats ab, in ihrer Hauptfunktion ist Korosec Chefin der ÖVP-Pensionisten („Seniorenbund“). Und als solche mit dem neuen ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm durchaus zufrieden. Beispielsweise entspreche der Plan der neuen Regierung, arbeitende Pensionisten von den (für diese Gruppe sinnlosen) Pensionsbeiträgen zu befreien, einer langgehegten Forderung der Senioren, sagte Korosec am Dienstag in einem Hintergrundgespräch. Außerdem solle laut Regierungsplänen den Beziehern kleiner Pensionen, die durch Arbeit ein schmales Zusatzeinkommen erwirtschaften, nicht gleich die Ausgleichszulage gestrichen werden. Auch das sei eine alte Forderung der Senioren, schließlich gehe es darum, ältere Mitbürger länger in Beschäftigung zu halten, argumentiert die Pensionistenchefin.
Zufrieden ist Korosec, die schon zu ihrer Zeit als ÖVP-Generalsekretärin und als Volksanwältin als streitbare Politikerin bekannt war, noch lang nicht. Beispielsweise tritt sie dafür ein, das fixe Pensionsalter durch ein Referenzalter zu ersetzen. Wer vor Erreichen des Referenzalters in Pension gehe, soll Abschläge in Kauf nehmen müssen. Wer länger arbeite, soll mit Zuschlägen belohnt werden.
Das Modell ähnelt der derzeitigen Korridorpension, die für vorzeitig in Pension Gehende einen Malus von 5,1 Prozent pro Jahr vorsieht, für länger Arbeitende einen Bonus von 4,2 Prozent. Neu an Korosecs Modell ist erstens, dass das Referenzalter (anders als das derzeitige gesetzliche Pensionsalter) parallel zur Lebenserwartung steigen soll. Zweitens, dass Abund Zuschläge versicherungsmathematisch berechnet werden sollen. Und drittens, dass die Abschläge nicht höher sein dürfen als die Zuschläge.
Entscheidend ist für Korosec die Anhebung des faktischen Pensionsalters. Stünden die Österreicher länger in Arbeit, brächte das dem Staat rund 1,3 Milliarden Euro pro zusätzlichem Arbeitsjahr; gingen alle mit 65 statt mit 60 in Pension, kämen rund sieben Milliarden Euro zusammen, womit sich laut Korosec die Unterstützung der ASVG-Pensionen durch Steuergeld beinahe erübrigen würde.
Und noch eine Forderung formuliert die neue Seniorenpräsidentin: Da die Pensionisten mit ihren Zahlungen für rund ein Drittel der Beiträge zur Krankenund Sozialversicherung aufkämen, sollten sie in den dortigen Gremien auch ein Stimmrecht haben, verlangt sie.