Geförderte Jobs nicht mehr gefragt
Die Regierung stoppt die Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose. Nicht allen gefällt das.
WIEN. Reinhard Rausch ist 61 Jahre. Er arbeitete als Hausverwalter und technischer Angestellter. Zuletzt war er für ein Unternehmen in der Erdölindustrie tätig. 2016 wurde er arbeitslos. 15 Monate lang suchte er vergeblich eine neue Stelle. Rausch war zum Langzeitarbeitslosen geworden, der in seinem Alter nur noch schwer einen neuen Job findet. Dass es anders kam, verdankt er der Aktion 20.000. Die alte SPÖÖVP-Regierung hatte vergangenes Jahr beschlossen, 20.000 Stellen für ältere Arbeitslose in öffentlichen Einrichtungen zu schaffen.
Einen dieser Arbeitsplätze bekam Rausch. Er begann am 1. September 2017 bei der Schuldnerberatung in der Steiermark zu arbeiten. Diese führt derzeit das „Betreute Konto“ein, ein Alternativmodell zur Sachwalterschaft. Dabei handelt es sich um ein IT-System, das die Mitarbeiter in der Schuldnerberatung und die zuständigen Sozialarbeiter informiert, wenn Zahlungsvorgänge bei ihren Klienten nicht wie gewohnt ablaufen. Etwa wenn Gehälter oder Sozialleistungen nicht überwiesen werden oder der Kontostand die Miete nicht abdeckt. Die Berater greifen ein, bevor der Strom abgedreht oder die Wohnung gekündigt wird. Für einen Ausbau dieses Angebots fehlte der Schuldnerberatung allerdings das Geld. Erst durch die Aktion 20.000 wurde dieses bereitgestellt, wodurch Rausch seinen Job bekam. Auf zwei Jahre ist der Arbeitsplatz befristet. Rausch hofft, dass er dann verlängert wird. Für ihn ist klar: „Die Aktion 20.000 war eindeutig mein Rettungsanker.“
Am 1. Jänner hat die Regierung allerdings beschlossen, die Aktion 20.000 und dazu noch den Beschäftigungsbonus einzustellen. Durch den Beschäftigungsbonus ersparen sich Unternehmen, die einen neuen Arbeitsplatz für einen heimischen Jobsuchenden schaffen, drei Jahre lang 50 Prozent der Lohnnebenkosten.
Die Kritik an der Vorgangsweise der Regierung ist groß. Die SPÖ, die Caritas und viele andere Sozialvereine sind empört, vor allem über das Ende der Aktion 20.000. Wie diese Aktion wirkt, zeigt sich an den am Dienstag veröffentlichten Arbeitslosenzahlen (siehe Wirtschaftsteil). Erstmals seit Langem sank im Dezember die Zahl der Arbeitssuchenden, die über 50 Jahre alt sind. Die Aktion 20.000 hat daran großen Anteil. Von den etwa 2000 über 50-Jährigen, die eine Arbeitsstelle fanden, schafften dies drei Viertel durch die Aktion 20.000. Die bereits bewilligten Jobs dieser Aktion und alle bis zum 31. Dezember beantragten sind von der Entscheidung der Regierung nicht betroffen.
Die Geschäftsführerin von „Arbeit plus“, Judith Pühringer, hält das Ende der Aktion 20.000 für „einen Fehler“. „Arbeit plus“ist das österreichweite Netzwerk von 200 gemeinnützigen sozialen Unternehmen. Diese unterstützen seit mehr als 30 Jahren langzeitarbeitslose Menschen mit Beschäftigung, Beratung und Qualifizierung beim (Wieder-)Einstieg ins Erwerbsleben. Jedes Jahr erhalten rund 30.000 Frauen und Männer eine befristete Arbeitsstelle in den „Arbeit plus“-Mitgliedsunternehmen. Dazu kommen viele Tausend Personen, die durch Beratung und Qualifizierung unterstützt werden.
„Die Aktion 20.000 hat vor allem Menschen geholfen, die nur einen Fehler haben: ihr Geburtsdatum“, sagt Pühringer. Es sei in Österreich nach wie vor für über 50-jährige Arbeitslose schwierig, Arbeit zu finden. „Die Menschen sind qualifiziert, haben Erfahrung, sind leistungswillig und bekommen keine Chance“, sagt Pühringer. Dies sei ein frustrierendes Erlebnis.
Die Aktion 20.000 sei für diese Personen optimal, sie hätten wieder eine sinnvolle Tätigkeit ausüben können, sagt Pühringer. Außerdem seien damit Arbeitsplätze finanziert worden, die dringend benötigt würden, etwa in Sozialeinrichtungen, in Schulen und in der Kinderbetreuung. Pühringer weist darauf hin, dass diese Arbeitsplätze zu 75 Prozent finanziert seien, weil kein Arbeitslosengeld oder keine Mindestsicherung mehr bezahlt werden müssten. „Die Aktion 20.000 hat außerdem das Ziel gehabt, Langzeitarbeitslose wieder für den normalen Arbeitsmarkt fit zu machen“, erklärt Pühringer. Im Durchschnitt schaffen etwa 40 Prozent der Personen, die bei Sozial-Unternehmen angestellt sind, den Sprung auf Arbeitsplätze, die nicht vom Staat gestützt werden müssen. „All diese Chancen sind nun vertan“, sagt Pühringer.
Die Regierung hingegen verweist bei ihrer Entscheidung auf die Aussagen von Wirtschaftsfachleuten, unter anderem auf Bernhard Felderer, den Chef des Fiskalrats. Er sagt, dass es nicht sinnvoll sei, während einer Hochkonjunktur Beschäftigung zusätzlich zu fördern. „Die Firmen suchen sowieso Arbeitnehmer, weil sie diese dringend benötigen“, sagt er. Das Geld für den Beschäftigungsbonus könne man sich sparen, immerhin gehe es ja auch darum, die Staatsausgaben zu reduzieren und das Budget in Ordnung zu bringen. Der Beschäftigungsbonus habe immerhin zwei Milliarden Euro gekostet. Es seien derzeit andere Maßnahmen am Arbeitsmarkt gefragt, etwa die Qualifizierung von Arbeitslosen. Ähnliches wie für den Beschäftigungsbonus gelte auch für die Aktion 20.000. In Zeiten der Hochkonjunktur, die auf jeden Fall auch dieses Jahr noch anhalten werde, sei eine solche Maßnahme nicht wirklich zielführend, sagt Felderer.
„Das Geburtsdatum als Fehler.“Judith Pühringer Chefin von „Arbeit plus“
„Firmen suchen jetzt Mitarbeiter.“Bernhard Felderer, Ökonom