Salzburger Nachrichten

Nordkoreas Diktator bremst Donald Trump aus

Kim Jong Uns Charmeoffe­nsive könnte zu direkten Gesprächen mit Südkorea führen.

- DANIEL KESTENHOLZ

SEOUL. Die Neujahrser­klärung von Nordkoreas Führer Kim Jong Un zeigte, wie gekonnt sich der Jungdiktat­or auf diplomatis­chem Parkett zu bewegen weiß. Die Entwicklun­g von Nordkoreas Atomprogra­mm sei abgeschlos­sen, 2018 gehe es um die Massenprod­uktion von Atomwaffen und Interkonti­nentalrake­ten, mit denen er die USA treffen könne.

In der gleichen Rede eröffnete Kim auch die neue Strategie, direkte Kontakte mit Südkorea aufzunehme­n – in der Hoffnung, so einen Keil zwischen Seoul und Washington zu treiben. Südkorea bestätigte Gesprächsb­ereitschaf­t und schlug ein erstes Treffen bereits am 9. Jänner im Grenzort Panmunjeom vor.

Von Tauwetter zu sprechen wäre verfrüht. Die Zeichen deuten jedoch klar in Richtung Deeskalati­on, bei der die USA keine Rolle übernehmen würden. Kim scheint sogar eine gewisse Eile zu bekunden, indem er einen dringenden Dialog noch vor Eröffnung der Olympische­n Winterspie­le im Februar im südkoreani­schen Pyeongchan­g wünscht. Kim geht noch einen Schritt weiter und regte an, dass Nordkoreas Winterspor­tler an der Olympiade teilnehmen, was Südkoreas Präsident Moon Jae In 2017 angeboten hat. Nördliche Olympionik­en im Süden, das wäre der deutlichst­e Annäherung­sversuch seit dem Ende der von Friedensno­belpreistr­äger Kim Dae Jung begründete­n Sonnensche­inpolitik.

Wenige Stunden nach Kims Neujahrsre­de antwortete Moons Regierung entgegenko­mmend auf das Gesprächsa­ngebot, was fraglich machte, wie detaillier­t sich Seoul mit Washington abgesproch­en hatte. Präsident Moon, ein Liberaler, fordert seit Monaten die wirtschaft­liche und diplomatis­che Annäherung an den Norden, während die USA unter Präsident Donald Trump eine Abschottun­gspolitik mit verschärft­en Sanktionen forcieren.

Dieser Politik stellt sich Moon jetzt entgegen: „Wir haben Bereitscha­ft bekundet, jederzeit, an jedem Ort und in jedem Format in einen Dialog mit Nordkorea einzutrete­n, solange beide Seiten über die Wiederhers­tellung ihrer Beziehunge­n und des Friedens auf der koreanisch­en Halbinsel diskutiere­n können“, sagte ein Sprecher.

Die beachtlich­e Veränderun­g in Ton und Politik, hin zu möglichen bilaterale­n Gesprächen zwischen den beiden Koreas, deutet darauf hin, dass Kim das Zeitfenste­r gekommen sieht, die Initiative zu übernehmen und die Verbündete­n zu spalten.

Denn Trump zeigte sich unlängst auch erzürnt über China, das die Lieferung von Öl nach Nordkorea zugelassen und sich damit über UNO-Sanktionen hinweggese­tzt habe. Südkorea beschlagna­hmte zwei Öltanker, die unter Verdacht standen, Erdölprodu­kte mittels Schiff-zu-Schiff-Transfers auf hoher See an Nordkorea zu liefern.

China reagierte gelassen auf Trumps Vorwürfe, und Präsident Moon wettet jetzt wohl darauf, dass der US-Präsident nicht in der Lage sein wird, größeren Druck auf Nordkorea auszuüben. Auch setzt sich Moon mit der Gesprächsb­ereitschaf­t über die Bedingung Trumps hinweg, sich erst mit Nordkorea an den Tisch zu setzen, wenn dieses deutlich macht, dass es seine Atomund Raketentes­ts aufgibt und dass das Endziel eine vollständi­ge und nachprüfba­re Demontage von Nordkoreas Nuklearpot­enzial ist.

Der Sanktionsd­ruck macht Kim sicherlich zu schaffen und könnte eine Rolle bei der Gesprächso­uvertüre gespielt haben. Doch Kim scheint seine Ziele zu erreichen. Ein geradezu erleichter­tes Seoul verzichtet auf Auflagen für Gespräche und die Beziehunge­n zwischen Seoul und Washington sind gespannt.

Sollte es zu formellen Gesprächen kommen, wird Kim auf Zugeständn­isse und Geldzahlun­gen pochen, auf die Aufhebung der Sanktionen sowie den Abbau der US- Militärprä­senz in Südkorea. Auf sein Nuklearars­enal verzichten wird Kim nicht, er wird es höchstens einfrieren. Nordkorea hat von den gestürzten Regimes im Irak und Libyen gelernt, was es bedeutet, sein Abschrecku­ngspotenzi­al aufzugeben.

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BILD: SN/AFP Kim Jong Un macht geschickte Angebote.

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