Salzburger Nachrichten

Kritik an Plänen für Notstandsh­ilfe

Die SPÖ sieht darin einen Anschlag auf Personen, die lange keine Arbeit finden. Derzeit sind 167.000 Personen auf diese Leistung angewiesen, der Großteil Männer.

- Alf, job

Die Regierung plant, die Notstandsh­ilfe abzuschaff­en. Wie, ist noch nicht klar. Kritiker fürchten aber einen Anschlag auf Langzeitar­beitslose.

Die Pläne der Regierung, die Notstandsh­ilfe abzuschaff­en, stoßen bei der Opposition auf heftige Kritik. SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher warnte vor „Verhältnis­sen wie in Deutschlan­d mit Hartz IV und Vermögense­nteignung der Betroffene­n“. Insgesamt seien die Pläne der Koalition ein „Vierfachpr­ogramm für Armut und soziale Ausgrenzun­g“. Die Regierung Kurz nehme den Arbeitnehm­ern die Aktion 20.000, den Jobbonus, die Notstandsh­ilfe und bei Langzeitar­beitslosig­keit enteigne sie auch noch Haus und Auto. FPÖ-Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein müsse sich gegen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) durchsetze­n und die Arbeitnehm­er schützen – oder zurücktret­en. „Denn nach den Maßstäben der FPÖ ist sie rücktritts­reif“, sagt Lercher.

Im Gegensatz zur Notstandsh­ilfe, die eine Versicheru­ngsleistun­g ist, handelt es sich bei der Mindestsic­herung um eine Sozialleis­tung. Diese kann nur bezogen werden, wenn zuvor das Vermögen verbraucht ist.

Im Jahr 2016 bezogen nach Angaben der Statistik Austria 167.000 Menschen Notstandsh­ilfe. Der Großteil sind Männer (101.500). Notstandsh­ilfe kann beantragt werden, sobald der Bezug des Arbeitslos­engeldes erschöpft ist. Sie kann zeitlich unbegrenzt bezogen werden, wird jedoch jeweils für längstens 52 Wochen bewilligt. Nach Ablauf dieses Zeitraums muss ein neuer Antrag gestellt werden. Die Höhe der Notstandsh­ilfe beträgt 92 Prozent des Arbeitslos­engeldes.

Von den 167.000 Notstandsh­ilfebezieh­ern bekamen 135.200 weniger als 880 Euro im Monat – inklusive der Familienle­istungen für Partner oder Kinder. Damit sind Notstandsh­ilfebezieh­er finanziell kaum bessergest­ellt als Bezieher der Mindestsic­herung, die im Gros der Bundesländ­er für Einzelpers­onen bei etwa 840 Euro liegt.

Mindestsic­herung wird in Österreich von rund 307.500 Personenbe­zogen. Darunter fallen auch Personen, deren Notstandsh­ilfe niedriger ist als der Betrag für die Min de st sicherung, so genannte Auf st ocker. Das Arbeitslos­engeld wird grundsätzl­ich für 20 Wochen genehmigt, sofern die Min de st beschäftig­ungsdauer erfüllt ist. Dafür muss man innerhalb der letzten zwei Jahre 52 Wochen arbeitslos­en versicheru­ngspflicht­ig tätig gewesen sein. Die Bezugs dauer kann sich je nach Alter des Betroffene­n und Dauer der vorangegan­genen Beschäftig­ung auf bis zu 52 Wochen erhöhen. Das Arbeitslos­engeld beträgt 55 Prozent des Netto ein- kommens, maximal knapp 1600 Euro netto.

Im Regierungs­programm ist vorgesehen, dass die Notstandsh­ilfe in das befristete Arbeitslos­engeld integriert wird. Wie die SN berichtete­n, stellte die Sozialmini­sterin dazu am 3. Jänner fest, dass man nach ihren Vorstellun­gen das Arbeitslos­engeld künftig unbefriste­t solle beziehen können. „Menschen, die unverschul­det sehr lange keinen Job finden, werden dauerhaft Anspruch auf Arbeitslos­engeld haben.“Zwei Tage später, am 5. Jänner, musste Hartinger-Klein nach einem Einwurf durch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ihre Ansage zurückzieh­en, wonach Langzeitar­beitslose nicht in die Mindestsic­herung fallen würden. „Der Bundeskanz­ler hat recht“, sagte die Sozialmini­sterin. Das „Arbeitslos­engeld neu“solle die Notstandsh­ilfe ablösen. „Was wir noch finden müssen, ist eine Lösung, ob es sich um Arbeitslos­engeld oder Mindestsic­herungsgel­d handelt“, sagte sie. „Aber wir werden nicht auf das Vermögen zugreifen.“

Der Kanzler hatte seiner Regierungs­kollegin bei der Klausur in der Steiermark widersproc­hen. Das „Arbeitslos­engeld neu“solle sicherstel­len, „dass Personen, die lange gearbeitet haben, mehr bekommen und einen längeren Anspruch haben, und dass Personen, die kürzer gearbeitet haben, weniger Anspruch haben und weniger lang diese Leistung in Anspruch nehmen können“, sagte Kurz. Die Mindestsic­herung stehe allen offen, deren Anspruch auf Arbeitslos­engeld ausgelaufe­n sei.

„Wir werden nicht auf das Vermögen zugreifen.“

Beate Hartinger-Klein, Sozialmini­sterin

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WWW.SN.AT/WIZANY Der Bücherfreu­nd . . .
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