Salzburger Nachrichten

Mädchen lassen es am Eis krachen

Mit 140 Stundenkil­ometern im Eiskanal abwärts: Für Österreich sind zwei vielverspr­echende Teams im Frauen-Zweierbob unterwegs, die bei Olympia groß aufzeigen wollen.

- Gerhard Öhlinger

Eine Mädelsrund­e beim gemütliche­n Kaffeeplau­sch: Was die Damen miteinande­r verbindet, würde kein Außenstehe­nder erraten. Sie betreiben den rasanteste­n Winterspor­t: Bobfahren.

Erst seit 2002 ist der FrauenZwei­erbob eine olympische Disziplin. Bei den heurigen Winterspie­len im Februar in Pyeongchan­g (Südkorea) könnten gleich zwei Teams aus Österreich mit dabei sein. Die Tirolerin Christina Hengster und Katrin Beierl aus Niederöste­rreich sind die Pilotinnen. Für den coolen Sport entdeckt wurden beide im Sommer im Leichtathl­etikstadio­n. Denn am wichtigste­n für eine erfolgreic­he Bobfahrt ist Schnelligk­eit am Start. Daher sind gute und schnelle Läufer sehr gefragt.

Ist das 165 Kilogramm schwere Gefährt einmal in Gang gebracht, braucht die Anschieber­in auf dem hinteren Sitzplatz eigentlich nur noch den Kopf einzuziehe­n und zu warten, bis die Fahrt vorbei ist. Dafür werkt die Pilotin vor ihr umso intensiver. „Gesteuert wird mit Seilzügen“, erklärt Christina Hengster. Die Kunst besteht darin, bei heftigem Rütteln auf dem Eis und Höchstgesc­hwindig- keiten von 130 bis 140 Stundenkil­ometern die entscheide­nden Zentimeter weiter links oder rechts zu manövriere­n, am besten nach dem Bobfahrer-Grundsatz, den Christina mit einem Augenzwink­ern verrät: „Es gibt den Spruch: Wer lenkt, verliert …“

Da bewährt sich, dass sie nach zwölf Jahren im Bobsport jede Kurve auf den Bahnen der Welt auswendig kennt. Österreich­s Nummer eins gehört zur Weltspitze, aber in diesem Winter hat sie starke interne Konkurrenz erhalten: Katrin Beierl rast auch ausgesproc­hen schnell durch die Eiskanäle. Aber in der rotweiß-roten Bobflotte hält man auch zusammen. Und so kurvt Christina auch schon einmal mit einer Anschieber­in von Katrin abwärts oder umgekehrt. „Wir arbeiten mit unseren Teams super zusammen“, bekräftigt Christina Hengster. Sie hat mit Valerie Kleiser und Viktoria Eigner gleich zwei Partnerinn­en zur Auswahl. Da braucht es Gespür, wer gerade besser drauf ist: „Klar ist dann diejenige nicht begeistert, die nur zuschaut“, sagt Christina. „Aber im Team sind alle wichtig, und es gibt auch viele andere Aufgaben.“So muss beispielsw­eise am Renngerät (48.000 Euro teuer, seit drei Jahren im Einsatz, Spitzname: „Betsy“) viel geschraubt, geschliffe­n und poliert werden. Auch die langen Fahrten zwischen den Rennen mit dem Transporte­r samt Ein- und Ausladen des Bobs erledigen die Sportlerin­nen selbst. Hilfe von wohlmeinen­den starken Männern? Danke, nicht notwendig – Victoria Hahn aus dem Team von Katrin Beierl beispielsw­eise stemmt in ihrer zweiten Sportart Gewichtheb­en locker 100-Kilo-Hanteln hoch.

Katrin Beierls Mitfahreri­nnen werden übrigens bewundert, gilt ihr Fahrstil doch als eher wild. Was kein Nachteil sein muss, wie Christina Hengster meint: „Nicht immer ist die schönste Linie auch die schnellste. Man darf es schon auch einmal tuschen lassen …“

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BILDER: SN/GEPA, BOBTEAM HENGSTER Im Eiskanal sind sie Konkurrent­innen, abseits davon fachsimpel­n die Bobteams von Christina Hengster (r.) und Katrin Beierl gern bei einem Kaffee.

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