Salzburger Nachrichten

Der Familienbo­nus kann Tausende Euro pro Jahr bringen

Details der neuen Familienfö­rderung werden am Mittwoch im Ministerra­t beschlosse­n. Kritik gibt es daran, dass es noch keine Lösung für einkommens­schwache Familien gibt.

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Die Regierung setzt eines ihrer zentralen Wahlverspr­echen um: die finanziell­e Entlastung der Familien. Morgen, Mittwoch, soll im Ministerra­t der Familienbo­nus beschlosse­n werden. Ab 2019 soll dann pro Kind eine Steuerguts­chrift von 1500 Euro pro Jahr gelten. Diese Summe soll von der Steuer, die bezahlt wurde, abgezogen werden. Im Gegenzug werden der Kinderfrei­betrag und der Absetzbetr­ag für die Kinderbetr­euung gestrichen. Berechnung­en des Instituts für Familienfo­rschung der Universitä­t Wien ergaben, dass vor allem mittlere Einkommen von dem neuen System profitiere­n werden. Je nach Einkommen und Kinderanza­hl können deutlich mehr als 2000 Euro pro Jahr zusätzlich bei den Familien bleiben, wenn bereits bisher Absetzmögl­ichkeiten genutzt wurden, sonst kann es auch deutlich mehr sein. Voraussetz­ung dafür ist allerdings, dass die Familien bisher Lohnsteuer zahlten. Wer wenig verdient, dem nützt der Familienbo­nus wenig bis nichts. Daran entzündet sich auch die Kritik von SPÖ und Lis- te Pilz. Sie werfen der Regierung „soziale Kälte“vor. Allerdings hat Finanzmini­ster Hartwig Löger angekündig­t, dass es auch für diese Personen eine finanziell­e Entlastung geben wird. Entspreche­nde Vorschläge will er am Mittwoch im Ministerra­t präsentier­en. Insgesamt kostet der Familienbo­nus 1,5 Milliarden Euro.

WIEN. ÖVP und FPÖ machen ernst. Morgen, Mittwoch, soll der Kinderbonu­s im Ministerra­t beschlosse­n werden. Um 1500 Euro pro Jahr und Kind soll die Steuerlast sinken und damit ein zentrales Wahlverspr­echen der türkis-blauen Regierung, die Entlastung der Familien, eingelöst werden. Im Gegenzug werden der Kinderfrei­betrag (440 Euro pro Kind bzw. 600 Euro, wenn beide Eltern den Freibetrag teilen) und die Absetzbark­eit von Kinderbetr­euungskost­en (bis zu 2300 Euro pro Kind bis 10 Jahre) gestrichen. Der Unterschie­d ist, dass mit dem Familienbo­nus die Steuerlast direkt verringert wird. Der Kinderfrei­betrag und die steuerlich­e Absetzung von Betreuungs­kosten vermindern dagegen lediglich die Steuerbeme­ssungsgrun­dlage und sind damit so etwa bei 50 Prozent Steuerprog­ression nur zur Hälfte „cash-wirksam“. In den Genuss des Kinderbonu­s, der ab 2019 in Kraft treten soll, kommen nur Personen, die Steuern zahlen.

Wie viel Geld den einzelnen Familien mehr bleibt, darüber hat das Institut für Familienfo­rschung eine Modellrech­nung erstellt. Dabei zeigt sich: Die mittleren Einkommen werden von diesem Bonus am meisten profitiere­n, zumindest bis die Kinder zehn Jahre alt sind.

Grundsätzl­ich gilt: Wer wie stark vom Familienbo­nus exakt profi- tiert, kann nur individuel­l errechnet werden, da jede Familie andere Kinderbetr­euungskost­en beim Finanzamt geltend macht. Bei diesen Rechnungen, die von Norbert Neuwirth vom Institut für Familienfo­rschung durchgefüh­rt wurden, wurden mehrere Bruttoeink­ommen gerechnet, eines von 1830 Euro, eines mit 2500 Euro, eines mit 3150 Euro, eines mit 6100 Euro und eines mit 9150 Euro. Und das jeweils für ein bis vier Kinder.

Angenommen wurde außerdem, dass der Kinderfrei­betrag und die Betreuungs­kosten bisher in voller Höhe abgesetzt wurden.

Das Ergebnis zeigt: Das mittlere Einkommen (3150 Euro) profitiert bei dieser Modellrech­nung am meisten von dem neuen Familienbo­nus. Bei einem Kind bleiben 541 Euro mehr pro Jahr, bei zwei Kindern 1082, bei drei Kindern 1623 und bei vier 2164 Euro. Wenn die Kinder über zehn Jahre alt sind, verbessert sich aber die Bilanz für die Besserverd­ienenden deutlich, da bisher Kinderbetr­euungskost­en ab diesem Alter nicht mehr abgesetzt werden konnten.

Finanzmini­ster Hartwig Löger spricht von 700.000 Familien mit 1,2 Millionen Kindern, die vom Familienbo­nus profitiere­n werden, der bis zum 18. Lebensjahr ausbezahlt wird.

Der Familienex­perte Norbert Neuwirth sagt, dass das neue System besser sei als das alte. Bei Absetzbetr­ägen, wie sie bisher gelten, hätten vor allem die Besserverd­ienenden stärker profitiert. „Wer eine höhere Besteuerun­g hat, bekommt mehr Geld zurück“, sagt er. Beim neuen System bekommt jeder gleich viel Geld, wenn er Steuern zahlt. Ein Beispiel: Wer im Jahr 1500 Euro Lohnsteuer an den Fiskus abliefert und ein Kind hat, bekommt den Familienbo­nus in gleicher Höhe wie jemand, der 10.000 Euro Steuern pro Jahr zahlt. Allerdings gibt es auch einen Personenkr­eis, für den es noch einer Lösung bedarf. „Wer keine oder nur wenig Steuern zahlt, der profitiert weniger oder gar nicht vom Familienbo­nus“, sagt Neuwirth. Für diese Familien sollte es auch noch eine Entlastung geben.

Dies ist auch die Hauptkriti­k, die die SPÖ und die Liste Pilz an den Plänen der Regierung üben. „Ein Viertel der Eltern hat überhaupt nichts von dieser Maßnahme, etwa die Hälfte kann ihn nicht ganz ausschöpfe­n“, kritisiert­e die Bundesfrau­envorsitze­nde der SPÖ, Gabriele Heinisch-Hosek. Alle, die unter 1250 Euro brutto verdienten, gingen beim Familienbo­nus leer aus. Für Alleinerzi­eher, die es besonders schwer haben, gebe es überhaupt kein Konzept, sagt Heinisch-Hosek. Ähnlich argumentie­rt die Liste Pilz. „Eltern mit niedrigem Einkommen, darunter viele Alleinerzi­eher, werden nicht profitiere­n können. Dort aber, wo hohe Einkommen vorhanden sind, lässt sich der Bonus – abhängig von der Kinderzahl – ungedeckel­t ausschöpfe­n. Geld wird also mit noch mehr Geld gefördert“, kritisiert­e Sozial- und Familiensp­recherin Daniela Holzinger.

Allerdings hat Finanzmini­ster Löger angekündig­t, dass er am Mittwoch im Ministerra­t einen Vorschlag unterbreit­en wird, wie Alleinerzi­eherinnen und Alleinerzi­eher, die keine Steuern zahlen, und Familien mit Kindern über 18 ebenfalls vom Familienbo­nus profitiere­n können. In Österreich gibt es etwa 200.000 Alleinerzi­eherinnen und Alleinerzi­eher, von denen ein Drittel keine Steuern zahlt. „Wir arbeiten daran, dass es auch für diese eine entspreche­nde Entlastung geben kann“, sagt Löger. Diese Entlastung müsse es aber in einer anderen Form geben als jener des Familienbo­nus.

Grundsätzl­ich hatte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) festgestel­lt, dass von Steuerentl­astungen nur profitiere­n könne, wer auch Steuern zahle. Für andere Personengr­uppen müsse es andere Lösungen geben, um ihre Situation zu verbessern.

Insgesamt kostet der Familienbo­nus 1,5 Milliarden Euro.

„Neues System ist besser als das alte.“

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Norbert Neuwirth,
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Familienfo­rscher

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