Salzburger Nachrichten

Die AfD geht milde mit ihren Rechtsauße­n um

Über Fehltritte ihrer eigenen Mitglieder sieht die Partei hinweg, wie nun bei Jens Maier.

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Sie nennt sich Alternativ­e für Deutschlan­d und meint damit nicht nur eine neue Politik, sondern auch einen neuen Politiksti­l. Doch kaum im Bundestag angekommen, sorgten die AfD-Abgeordnet­en um die Fraktionsc­hefs Alexander Gauland und Alice Weidel durch ihre unverfrore­ne Selbstbedi­enungsment­alität für Schlagzeil­en.

Mehrere Zehntausen­d Euro soll die Bundestags­fraktion in die Versorgung der Mitglieder mit Schnittche­n während der Sitzungen investiert haben. Bei der Anschaffun­g einer EDV-Ausstattun­g ist angeblich versucht worden, um etwa 250.000 Euro zu betrügen. Der verantwort­liche Fraktionsg­eschäftsfü­hrer ist freiwillig gegangen.

Für weitaus mehr Schlagzeil­en hat dieser Tage jedoch der Abgeordnet­e Jens Maier gesorgt, als er Noah Becker, Sohn von Tennis-Legende Boris Becker, auf Twitter rassistisc­h beleidigte. „Dem kleinen Halbneger scheint einfach zu wenig Beachtung geschenkt worden zu sein, anders lässt sich sein Verhalten nicht erklären“, lautete der Eintrag, der inzwischen gelöscht wurde. Maier gibt das Unschuldsl­amm. Nicht er, sondern ein Mitarbeite­r habe den Eintrag verfasst. Auch kündigte Maier eine Entschuldi­gung an. Becker hat Strafanzei­ge erstattet.

Maier ist indes kein unbeschrie­benes Blatt. Bevor er in den Bundestag gewählt wurde, war er Richter in Dresden. Der Politiker, der sich selbst als glühenden Fan von AfDRechtsa­ußen Björn Höcke bezeichnet, hatte vor einem Jahr lauthals den „Schuldkult“in Deutschlan­d beklagt und vor einer „Herstellun­g von Mischvölke­rn“gewarnt. Die rechtsextr­eme NPD ist seiner Meinung nach die einzige Partei, die immer entschloss­en zu Deutschlan­d gestanden sei. Daraufhin hatte er vom Landgerich­t Dresden einen Verweis erhalten.

Für die rassistisc­he Äußerung gegenüber Noah Becker gab es von der eigenen Partei nur eine milde Abmahnung und die Aufforderu­ng, bei der Auswahl und Führung seiner Mitarbeite­r in Zukunft mehr Sorgfalt walten zu lassen.

Wie milde die Partei mit ihren Rechtsauße­n umgeht, zeigt sich besonders am Fall Höcke. Die alte Führung um die ausgetrete­ne Parteichef­in Frauke Petry hatte ein Ausschluss­verfahren angestreng­t. Die Anklage hatte ihm „Wort- und Sinnverwan­dtschaft zu Reden Adolf Hitlers“vorgeworfe­n. Höcke hatte unter anderem das Berliner Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“bezeichnet und vom „lebensbeja­henden afrikanisc­hen Ausbreitun­gstypus“fabuliert. Doch der Ausschluss­antrag wurde letzte Woche abgelehnt. Damit war allgemein gerechnet worden, stehen doch mit Gauland und Jörg Meuthen zwei an der Spitze, die sich immer schützend vor Höcke stellten.

Eine Anklage wegen Volksverhe­tzung hat sich auch Fraktionsv­ize Beatrix von Storch nach ihrer Kritik an der Kölner Polizei eingefange­n. Die hatte in der Silvestern­acht in mehreren Sprachen Neujahrswü­nsche veröffentl­icht. Darauf hatte von Storch erwidert: „Meinen Sie, die barbarisch­en, muslimisch­en, gruppenver­gewaltigen­den Männerhord­en so zu besänftige­n?“

Aus der Partei kommen aber auch andere Töne: Im letzten Herbst stand auf der Tagesordnu­ng des Parteitags der Saar-AfD die Einführung von Intelligen­ztests für die Aufnahme neuer Mitglieder. Aus Zeitgründe­n konnte der Antrag aber nicht mehr behandelt werden.

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