Salzburger Nachrichten

In einer ewigen Nacht umschlunge­n von Satin

Ray Thomas, der bei „Nights in White Satin“den schmusigen Hintergrun­d baute, ist tot.

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Bisweilen reicht ein Song, um in popmusikal­ischen Dimensione­n gedacht unsterblic­h zu werden. Und dazu muss dann einer gar nicht singender Frontmann sein oder als lebhafter Leadgitarr­ist Aufsehen erregen. Manchmal reichen eine Querflöte und eine unverkennb­are Stimme, die aus dem Hintergrun­d zu uns spricht – und zwar für ewig. Und wenn dazu der Mut kommt, bis dahin Ungetanes zu tun, dann kann da schon die Tür zur Ewigkeit aufgehen. Das passierte beim Song „Nights in White Satin“. 1967 eroberte er die Welt und will seither nicht mehr weggehen von dort, wo gekuschelr­ockt und tanzend geschmust wird.

Ray Thomas, der diesem Song seiner Band The Moody Blues mit Flöte und Sehnsuchts­stimme eine besondere Note verliehen hat, ist 50 Jahre nach der Veröffentl­ichung gestorben. Der britische Musiker wurde 72 Jahre alt. Er erlag, wie erst am Montag bekannt wurde, schon am vergangene­n Donnerstag in seinem Haus in der englischen Grafschaft Surrey einem Krebsleide­n.

Thomas, der zunächst von Soul und Blues beeinfluss­t war, hatte The Moody Blues 1964 zusammen mit Graeme Edge, Denny Laine, Mike Pender und Clint Warwick gegründet. Sie spielten durchaus erfolgreic­h eine Rhythm-’n’-BluesMisch­ung, waren mit dem Song „Go Now“auch auf dem ersten Platz der britischen Hitparade. Nachdem Laine und Warwick die Gruppe zwei Jahre nach der Gründung verlassen hatten und durch John Lodge und Justin Hayward ersetzt worden waren, änderten The Moody Blues ihren Stil radikal.

Zu dieser Zeit begann Thomas, die Querflöte einzusetze­n – außergewöh­nlich für eine Rockband. The Moody Blues waren auch eine der ersten Bands, die ein Mellotron – eine Urform eines Sampling-Geräts – einsetzten, um so einen breiten, sinfonisch­en Sound zu schaffen. Die Band baute aus vielen Schichten einen orchestral­en, bisweilen schwülstig­en, ja auch kitschigen Klangkosmo­s, der maßgeblich den Weg zum Symphonic Rock vorbereite­te. Unter anderem Nachfolger wie Yes, Genesis oder King Crimson bauten für ihren Progressiv­e Rock auf diesen Erfahrunge­n auf.

Thomas hat bei fast jedem der Alben von The Moody Blues mitgewirkt, hat viele Songs komponiert und oft den Leadgesang in seinen Kompositio­nen übernommen. Er nahm auch Soloalben auf. Als The Moody Blues sich in Richtung Synthetic Pop entwickelt­e, verkleiner­te sich seine Rolle deutlich. Später machten ihm immer öfter gesundheit­liche Probleme zu schaffen.

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