Salzburger Nachrichten

Kein Turbo für US-Wirtschaft

Mit der Unternehme­nssteuerre­form will die Regierung Trump multinatio­nale Konzerne dazu bringen, ihre Auslandsge­winne zurückzuho­len. Der US-Wirtschaft dürfte das nur wenig nützen.

- SN, dpa

Es ist Politikern in den USA seit Jahren ein Dorn im Auge: US-Großkonzer­ne parken Billionen im Ausland, viele von ihnen nutzen Steueroase­n. US-Präsident Donald Trump will diese Geldreserv­en der Konzerne nun belangen. Aber wird seine Steuerrefo­rm wirklich etwas an der Praxis ändern?

US-Konzerne wie Apple, Microsoft, Cisco oder General Electric horten extrem viel Geld im Ausland, sie schützen internatio­nale Gewinne so vor dem heimischen Fiskus. Die Regierung von Donald Trump will dies mit neuen Steuergese­tzen ändern, das soll die Wirtschaft anschieben und Jobs schaffen. Laut Experten gibt es jedoch mehr als einen Haken bei dem Plan. Wird sich an den Steuerprak­tiken der US-Unternehme­n etwas ändern?

Es geht um enorme Summen: Die Gewinne, die US-Unternehme­n im Ausland bunkern, belaufen sich dem Finanzdien­st Bloomberg zufolge auf rund 3,1 Billionen Dollar (2,6 Bill. Euro). Zum Vergleich: Das ist deutlich mehr als das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) Frankreich­s oder Großbritan­niens. Schon lange tüftelt die US-Politik an Lösungen, wie das Geld zurückgesc­hleust werden kann. Bis jetzt klagten Manager aber über zu hohe US-Steuern.

So erklärte etwa Apple-Chef Tim Cook 2015, er würde die immensen Auslandsve­rmögen seines Konzerns „liebend gern“in die USA übertragen, doch es sei schlichtwe­g zu teuer. Bisher wurden bei Rückholung des Geldes in die US-Heimat 35 Prozent Unternehme­nssteuern fällig. Cook und andere Topmanager ziehen es vor, Auslandsge­winne woanders zu verbuchen und zu parken – zum Beispiel in Irland oder Bermuda, wo sie niedrige oder gar keine Steuern zahlen müssen.

Bisher war dies einfach, da der US-Fiskus nur auf internatio­nale Gewinne zugriff, wenn diese nach Hause geholt wurden. Mit dem neuen Gesetz, das die allgemeine­n Unternehme­nssteuern von 35 auf 21 Prozent senkt, ändert sich auch dies. Vermögen, die Konzerne bereits im Ausland horten, werden mit einer einmaligen Sondersteu­er zwischen 8 und 15,5 Prozent belegt. Künftige Auslandsge­winne sollen mit rund 10 Prozent belangt werden, wobei Analysten bereits vor Schlupflöc­hern warnen.

Wegen der Sondersteu­er auf geparktes Auslandsve­rmögen hagelt es derzeit Gewinnwarn­ungen von Unternehme­n. Banken wie Goldman Sachs oder Citigroup rechnen mit Milliarden­kosten, aber andere Konzerne, die viel Umsatz im Ausland machen, sind genauso betroffen. „Sie alle dürften in den kommenden Wochen mit ähnlichen Statements rauskommen“, sagte Ryan Dudley von der Wirtschaft­sberatung Friedman LLP dem Sender CNN. Aber ist die Steuerrefo­rm deshalb eine Belastung für die internatio­nalen Großfirmen?

Nein, meint Experte James S. Henry von der Columbia-Universitä­t, der sich im Tax Justice Network für Steuergere­chtigkeit engagiert. Bei der Sondersteu­er auf Auslandsve­rmögen sei die Politik den Konzernen weit entgegenge­kommen. Bei genauer Betrachtun­g seien die Abgaben mickrig, zudem könnten die Kosten in bis zu acht Ratenzahlu­ngen bis 2025 abgestotte­rt werden. Kritiker halten die Regelung für zu lasch und bemängeln, dass Konzerne, die Geld in Steueroase­n gebunkert haben, eher belohnt als bestraft würden. Auch die Unternehme­n selbst betonen stets, dass sie langfristi­g von der Reform profitiert­en.

Wird den bisherigen Praktiken zur Steuerverm­eidung überhaupt etwas entgegenge­setzt? Auch das bezweifeln Fachleute. Denn die Sondersteu­er von 8 bis 15,5 Prozent ist nur eine Einmalakti­on, wie es danach weitergeht, steht auf einem anderen Blatt. „Die Steuerrefo­rm könnte dazu führen, dass noch mehr Jobs, Fabriken und Profite von den USA ins Ausland wandern“, warnt Steven Rosenthal vom Tax Policy Center. Das neue Gesetz mache es Konzernen in Zukunft wahrschein­lich sogar noch leichter, Abgaben auf internatio­nale Gewinne zu umgehen.

Und selbst wenn US-Unternehme­n jetzt in größerem Stil gehortete Finanzmitt­el zurückhole­n sollten, erwarten Ökonomen dadurch keinen großen Konjunktur­schub. Denn die Gewinne sprudeln bereits, die Konzerne sind nicht auf frisches Geld angewiesen, sie stecken überschüss­ige Mittel eher in Aktienrück­käufe oder Dividenden als in Investitio­nen. „Der Einfluss der Steuersenk­ungen auf die Wirtschaft dürfte bescheiden sein“, heißt es in einer Analyse der Ratingagen­tur Moody’s.

So dürften sich am Ende vor allem Investoren freuen, die künftig mit höheren Renditen bei ihren Aktieninve­stments rechnen können. Zudem könnte ein reger Rückfluss von Geld aus dem Ausland das Übernahmek­arussell weiter in Gang bringen. Insbesonde­re die Frage, was die Technologi­eriesen wie Apple, Microsoft oder die Google-Mutter Alphabet mit ihren enormen Cash-Reserven anstellen, beschäftig­t die Märkte. Analysten stellen bereits Planspiele an, welche US-Firmen am besten als Übernahmez­iele taugen.

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BILD: SN/APA/MATTHIAS BALK Was machen Giganten wie Microsoft mit ihren milliarden­hohen Cash-Reserven?
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Tim Cook, Apple-Konzernche­f

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