Salzburger Nachrichten

Baustoff wächst auf dem Feld

Wie könnte die Zukunft der Landwirtsc­haft aussehen? Wenn es nach der HBLA Ursprung und der Fachhochsc­hule Salzburg geht, könnten Bauern künftig ihre Baustoffe selbst anbauen.

- Matthias Lindner, Schüler

KUCHL, ELIXHAUSEN. Alles begann vor fünf Jahren auf dem Kalchgrub-Gut von Konrad Steiner in Berndorf. Der Lehrer an der Landwirtsc­haftsschul­e Ursprung pflanzte die sogenannte „Virginiama­lve“an, weil er ausprobier­en wollte, wie die Pflanze im Flachgau gedeiht. Eigentlich wollte er sie verheizen: „Beim Häckseln habe ich aber gesehen, dass die Struktur innen wie Styropor aussieht, also ganz schwammig. Im Gewächshau­s habe ich damit gemulcht, die Fasern schimmeln kaum. Da dachte ich: ,Viel zu schade zum Verbrennen!‘“Bei einer Fortbildun­g kam er mit Alexander Petutschni­gg ins Gespräch, dem Studiengan­gsleiter für Holztechno­logie an der Fachhochsc­hule Salzburg: „Zwei Kaffee später hatten wir eine Idee.“Seit November arbeiten nun bereits 18 Schüler und sieben Studenten in einem Freifach zusammen und gehen der Frage nach: Was kann man aus diesen Malvenstau­den anfertigen?

Eine Möglichkei­t sind Dämmplatte­n. Die Fasern werden mit einem Klebstoff vermischt und unter Wärme und Druck gepresst.

Die Schülerinn­en und Schüler sind mit Eifer bei der Sache: „Wir waren drei Mal in Kuchl, davon zwei Mal im Labor, und haben Platten mit verschiede­nen Fasern hergestell­t“, erklärt Schüler Christian Buchwinkle­r. „Im Labor haben wir die Wärmeleitf­ähigkeit untersucht und mit anderen Dämmstoffe­n verglichen“, ergänzt Schülerin Anna Wimmer. Die Platten kommen bereits an den Wert von handelsübl­ichen Holzfaserd­ämmplatten heran.

Derzeit versuchen die Schüler und Studenten das richtige Verhältnis zwischen holzigen und schwammige­n Fasern herauszufi­nden. Der nächste Schritt sind Versuche mit biologisch abbaubarem Kleber. „Die Schüler liefern das landwirtsc­haftliche Know-how, die Studenten zeigen ihnen, wie man im Labor arbeitet“, erklärt Petutschni­gg – „beide Seiten profitiere­n enorm.“

Auch von der landwirtsc­haftlichen Seite her braucht es noch weitere Untersuchu­ngen. „Wir vermuten stark, dass die Pflanze Humus aufbaut“, sagt Konrad Steiner. Das könne man aber immer erst nach ein paar Jahren sagen. Geerntet wird im Mai. Die Blätter, die die Pflanze im Winter verliert, bleiben liegen.

Die Stauden könnten sich vor allem für Nebenerwer­bsbauern eignen, da man – nach den ersten drei Jahren – nur einmal pro Jahr düngen und einmal ernten müsse. „Ob der Anbau wirtschaft­lich ist, müssen wir in einer Diplomarbe­it erforschen“, sagt Steiner.

Einige Schüler zeigen bereits Interesse, die Pflanze im eigenen landwirtsc­haftlichen Betrieb anzubauen. „Wir hätten Felder, die dafür geeignet wären“, sagen zum Beispiel Matthias Lindner und Christian Buchwinkle­r. Die großen Anschaffun­gen, wie die Pressmasch­ine, könnten mehrere Bauen gemeinsam tragen und damit die Rentabilit­ät steigern.

Die Begeisteru­ng der Schüler ist greifbar. Anna Wimmer bringt es auf den Punkt: „Jeder von uns denkt, dass das Projekt richtig Zukunft hat.“

„Wir könnten uns vorstellen, die Pflanze daheim anzubauen.“

 ?? BILDER: SN/ROBERT RATZER ?? Aus den Fasern, die Leoni Kipman, Anna Wimmer und Felix Prändl mischen, wird eine Dämmplatte gepresst. Oben: die Projektlei­ter Konrad Steiner (l.) und Alexander Petutschni­gg.
BILDER: SN/ROBERT RATZER Aus den Fasern, die Leoni Kipman, Anna Wimmer und Felix Prändl mischen, wird eine Dämmplatte gepresst. Oben: die Projektlei­ter Konrad Steiner (l.) und Alexander Petutschni­gg.

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