Wie man Vögel zählt
Vogelfreunde bilden die größte Hobbygruppe der Welt. Davon profitiert die Wissenschaft, denn auch Laien können wichtige Erkenntnisse beisteuern.
SALZBURG. Hobbyornithologen ist es nicht entgangen: Am Wochenende rief BirdLife Österreich wieder zur „Stunde der Wintervögel“auf – ein Projekt, bei dem Menschen an einem bestimmten Wochenende aufgefordert sind, an einem Ort ihrer Wahl eine Stunde lang Vögel zu beobachten und zu zählen. Festgehalten und an BirdLife übermittelt wird immer die höchste gleichzeitig anwesende Anzahl einer Art in dieser Stunde. Ein Beispiel für eine Futterstelle wäre: Drei Amseln, fünf Kohlmeisen, vier Grünfinken, ein Specht, ein Kleiber und ein Rotkehlchen.
Bis Montag haben knapp 350 Vogelfreunde aus dem ganzen Bundesland ihre Daten eingereicht, österreichweit waren es 5723 Teilnehmer. Die Erhebung läuft noch bis 13. Jänner. Vorläufiges Resultat der am häufigsten gesichteten Arten im Bundesland Salzburg: Kohlmeise vor Spatz und Amsel.
Trotz aller Bemühungen: Wie viele Kohlmeisen und andere Vögel es wirklich gibt, lässt sich kaum sagen. Bei Angaben von Laien kann es leicht zu Verwechslungen kommen. Im österreichweiten Zwischenergebnis rittern etwa Haussperling und Feldsperling um Platz 2 und 3. Sie verlässlich auseinanderzuhalten ist aber nicht so einfach, man muss gut erkennen können, ob das Köpfchen grau (Haussperling) oder braun (Feldsperling) ist.
Auch für Experten sind zuverlässige Zahlen eine Wissenschaft für sich. Relativ gut klappt die Volkszählung des Flatterviehs bei auffälligen Arten wie dem Storch. Seit 1934 wird der „Internationale Weißstorchenzensus“durchgeführt. Weil Störche in großen Nestern und menschlicher Nähe brüten, ist fast jedes Paar erfasst – insgesamt sind es 230.000 in ihrem Verbreitungsgebiet Afrika, Europa und Kleinasien.
Je schwerer eine Vogelart zu identifizieren ist und je versteckter sie lebt, desto problematischer wird es mit Zahlenmaterial. „Über die Eignung ver- schiedenster Erfassungsmethoden sind Hunderte von Arbeiten geschrieben worden“, schreibt Peter Berthold, einer der führenden Ornithologen, in seinem Buch „Unsere Vögel“. Sie seien allesamt kompliziert und umstritten. Eine gute, aber aufwendige Variante: Über den Gesang der Männchen werden Reviere ausfindig gemacht. Darin suchen Forscher zugehörige Nester oder Jungvögel, denn nicht jedes singende Männchen pflanzt sich fort. Eine zweite Variante: Fangnetze aufstellen, in denen sich die Vögel verheddern. Bei der Befreiung werden sie gezählt. Profi-Ornithologen fassen meist die Ergebnisse verschiedener Methoden zusammen. Schwankungen bleiben: Die Anzahl der Amseln in Europa reicht von 31 bis zu 70 Millionen Brutpaaren. Wichtiger als Zahlen sind Forschern Trends. Die „Stunde der Wintervögel“hilft. Es gilt: Seit den 50er-Jahren gehen die Bestände zurück, Stare oder Spatzen haben sich mehr als halbiert. INFO@DOCWARTER.COM