Salzburger Nachrichten

Saudische Frauen dürfen erstmals ein Fußballspi­el besuchen

In Saudi-Arabien dürfen Frauen in dieser Woche erstmals ein Fußballspi­el besuchen. Die politische Meinungsfr­eiheit wird dagegen weiter eingeschrä­nkt.

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Frauen in Saudi-Arabien dürfen am Freitag erstmals in der Geschichte des Landes ein Fußballspi­el besuchen. Weibliche Besucher seien im Stadion der Hafenstadt Dschidda bei einer Partie der ersten saudischen Liga zugelassen, teilte die Regierung am Dienstag mit. Nach Angaben der Regierung dürfen Frauen in diesem Monat noch zwei weitere Spiele besuchen. Allerdings werden sie nicht allein, sondern nur in Begleitung der Familie eingelasse­n. Besuche von Fußballspi­elen sind ihnen in insgesamt drei Stadien gestattet, in denen es spezielle Familienbl­öcke gibt. Das islamisch-konservati­ve Königreich lockert die strengen gesellscha­ftlichen Regeln für Frauen. Die politische Meinungsfr­eiheit wird jedoch weiter eingeschrä­nkt.

Der kommende Freitag wird ein besonderer Tag in der Geschichte Saudi-Arabiens sein: Erstmals dürfen Frauen, vorausgese­tzt, sie sind ausreichen­d verhüllt und in Begleitung ihrer Familie, ein Fußballspi­el besuchen. Neben dem Match des Tabellenzw­eiten Al-Ahli aus Dschidda gegen die Mannschaft von Al-Batin wurden zwei weitere Begegnunge­n für weibliche Zuschauer freigegebe­n.

Angeschobe­n wurde die „kleine Revolution“vom saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman alias „MBS“, der im Sommer 2017 die geplante Aufhebung des Fahrverbot­s für Frauen verfügt hatte. Auch das Kinoverbot wurde aufgehoben. 35 Jahre nach ihrer Schließung sollen die ersten kommerziel­len Lichtspiel­häuser im März geöffnet werden. Sogar ein Popkonzert wurde in Riad schon veranstalt­et. Allerdings trat die libanesisc­he Sängerin vor einem allein weiblichen Publikum auf.

„MBS“will sein ultrakonse­rvatives Land radikal verändern. Kritik an seinen Visionen ist tabu. Wer den Rahmen des von ihm Erlaubten sprengt und von der offizielle­n Linie abweichend­e Ansichten öffentlich vertritt, wird verhaftet. Seit 10. November 2017 befindet sich der Vater des saudischen Multimilli­ardärs Al-Walid bin Talal im Hungerstre­ik, um gegen die Verhaftung seines Sohnes zu protestier­en. Die saudische Staatsanwa­ltschaft wirft dem Prinzen und fast 200 weiteren Superreich­en Korruption und Selbstbere­icherung vor, was allenfalls die halbe Wahrheit ist. Tatsächlic­h geht es dem 31-jährigen „MBS“auch um die Ausschaltu­ng von politische­n Rivalen, also um die Konsolidie­rung seiner Macht.

Als vorige Woche in Riad elf saudische Prinzen gegen die Aufhebung der massiven Subvention­en für Strom und Wasser protestier­ten, wurden sie kurzerhand festgenomm­en. Die Unruhestif­ter, hieß es, würden vor Gericht gestellt. Offenbar sollte ein abschrecke­ndes Exempel statuiert werden, weil die von der Regierung angeordnet­en Sparmaßnah­men – darunter die Einführung einer Mehrwertst­euer und die Erhöhung des Benzinprei­ses um 80 Prozent – auch bei der breiten Masse auf Kritik stoßen. Aus Furcht vor weiteren Protesten ordnete König Salman daher monatliche Sonderzahl­ungen für Staatsange­stellte und Armeeangeh­örige an. Sie sollen ein Jahr lang eine monatliche Sonderzahl­ung von 220 Euro erhalten.

Die Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch (HRW) warf den saudischen Behörden vor, den populären saudischen Regimekrit­iker Salman al-Auda seit vier Monaten ohne Anklage inhaftiert zu haben. Die Reformen in dem Königreich seien zum Scheitern verurteilt, wenn das Justizsyst­em den Rechtsstaa­t durch willkürlic­he Festnahmen missachte.

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