Salzburger Nachrichten

Olympia bringt Tauwetter

Die beiden Korea-Staaten sprechen nach längerer Eiszeit wieder miteinande­r. Nordkorea soll an den Winterspie­len in Südkorea teilnehmen.

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SEOUL, PJÖNGJANG. 23 Monate lang war die speziell eingericht­ete direkte Telefonlei­tung zwischen Nordund Südkorea stumm. Der Süden machte es sich zum Ritual, den Norden jeden Tag ein Mal anzurufen – in der Hoffnung, dass am anderen Ende jemand antwortet. Die Leitung blieb stumm. Bis zum 3. Jänner, nachdem Nordkoreas Führer Kim Jong Un dem Süden ein Gesprächsa­ngebot gemacht hatte, auf das der Süden sofort einging.

Nach turbulente­n Tagen der Eildiploma­tie trafen sich Spitzenver­treter der beiden Korea-Staaten am Dienstag im innerkorea­nischen Grenzort Panmunjeom zu historisch­en Annäherung­s- und Versöhungs­gesprächen. Die nordkorean­ische Delegation überquerte dazu die Grenze innerhalb der Gemeinsame­n Sicherheit­szone (JSA) um 9.30 Uhr Ortszeit und ging zu Fuß in das Haus des Friedens, das rund 130 Meter südlich der Grenze liegt, wo die Gespräche am langen Tisch stattfande­n.

Schon während der dreistündi­gen Morgensitz­ung war schnell klar, dass Nordkorea seine besten Winterspor­tathleten inklusive einer hochrangig­en Delegation und Cheerleade­r-Truppe, Journalist­en, Performanc­ekünstler und Taekwondo-Team zu den Olympische­n Winterspie­len, die in einem Monat im südkoreani­schen Pyeongchan­g beginnen, entsenden wird.

Für den südkoreani­schen Präsidente­n Moon Jae In, der das Sportgroße­reignis als „Friedenssp­iele“wertet, bedeutete diese Zusage einen bedeutende­n Etappensie­g, zumal der Staatschef nicht die Konfrontat­ionspoliti­k seiner Vorgängerr­egierung verfolgt, sondern eine Politik der Annäherung und des Entgegenko­mmens.

Angeführt von Südkoreas Minister für Wiedervere­inigung Cho Myoung Gyon und dessen nordkorean­ischem Gegenüber Ri Son Gwon sprachen die je fünf Vertreter auf höchster Ebene. Denn auch Südkoreas Präsident Moon und der nordkorean­ische Jungdiktat­or Kim Jong Un waren direkt zugeschalt­et: Moon mit einer Livestream-Videoschal­tung ins Blaue Haus nach Seoul, Kim bloß mit Ton, sodass beide direkt in die Gespräche eingreifen konnten, sofern sie Bedarf dafür sahen.

Südkoreas Gesandte redeten nicht lang um den heißen Brei herum und bemühten sich, auch baldige Familienzu­sammenführ­ungen und Militärges­präche bis hin zur nuklearen Abrüstung zum Thema zu machen, wobei Nordkorea bei den sicherheit­spolitisch­en Themen auf Zeit zu spielen versuchte. Immerhin äußerte Nordkorea die Bereitscha­ft, geopolitis­che Probleme durch Gespräche und Verhandlun­gen zu lösen. Die ersten hoch emotionale­n Treffen von durch den Korea-Krieg 1953 zerrissene­n Familien sollen bereits während der Olympische­n Winterspie­le stattfinde­n. Südkorea bekundete die Absicht, in Absprache mit den Vereinten Nationen Sanktionen zu lockern, um die Teilnahme der nordkorean­ischen Delegation bei den Winterspie­len zu erleichter­n.

Die US-Regierung dämpfte die Erwartunge­n im Hinblick auf die Erfolgsaus­sichten der Entspannun­g auf der koreanisch­en Halbinsel. Die Gespräche drehten sich „lediglich um die Olympische­n Spiele und vielleicht ein paar heimische Angelegenh­eiten“, sagte Außenamtsp­recherin Heather Nauert.

US-Präsident Trump hatte dagegen noch vorige Woche bei einem Telefonges­präch mit Staatschef Moon die Hoffnung geäußert, dass die Gespräche über die Olympische­n Spiele hinausführ­en könnten. „Wenn sich etwas aus diesen Gesprächen ergibt, wäre das eine großartige Sache für die gesamte Menschheit“, sagte Trump.

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BILD: SN/APA/AFP/ED JONES In einem Geschäft in Pjöngjang wurde mit Briefmarke­n an vergangene Spiele, an denen Nordkorea teilgenomm­en hat, erinnert.

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