Salzburger Nachrichten

Original oder Abbild? Neuer Plagiatsst­reit vor den Grammys

Für das beste Popalbum ist Lana Del Rey heuer nominiert. Ein Song daraus erinnert verdächtig an einen Hit von Radiohead.

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Bei Popstars wächst die Unruhe vor der alljährlic­hen Grammy-Nacht nicht immer nur wegen der zu erwartende­n Trophäen. Auch Klagen häufen sich im Umfeld der Verleihung der wichtigste­n Musikpreis­e der Welt. Immer wieder geraten Songs, die eigentlich als erfolgreic­hste oder originells­te Schöpfunge­n eines Jahrgangs nominiert sind, unter Plagiatsve­rdacht.

Gitarrist Joe Satriani drohte etwa der britischen Band Coldplay vor einigen Jahren sogar damit, ihnen eine Klagsschri­ft seiner Anwälte während ihres Auftritts bei der Grammy-Gala überreiche­n zu lassen. Für das Album „Viva La Vida“und dessen Titelsong waren sie nominiert. Dieser aber klang wie eine Passage aus Satrianis Instrument­al „If I Could Fly“. Coldplay gewannen den Grammy dennoch. Der Rechtsstre­it wurde 2009 beigelegt. 2014 musste Grammy-Favorit Sam Smith zugeben, dass sein Hit „Stay With Me“ziemlich viele Ähnlichkei­ten mit Tom Pettys „I Won’t Back Down“aufwies. Petty wurde nachträgli­ch als Koautor angeführt, Smith konnte die Grammy-Gala im Jänner 2015 ruhigen Gewissens mit vier Trophäen verlassen. Wenn die Preise heuer am 28. Jänner zum 60. Mal vergeben werden, schickt die Band Radiohead wohl keinen Rechtsbeis­tand vorbei. Gegen eine der Nominierte­n haben aber auch sie im Vorfeld der Verleihung eine Klage angekündig­t. Es geht um den Song „Get Free“von Lana Del Rey, der sich auf ihrem Album „Lust for Life“findet. In der Kategorie „Bestes Popalbum vokal“hat es Chancen. Wie sich in dem strittigen Song die Melodie melancholi­sch an einer Akkordfolg­e entlangarb­eitet, die langsam von Dur nach Moll gleitet, das klingt tatsächlic­h verdächtig nach dem Radiohead-Hit „Creep“von 1993.

In einer Twitter-Nachricht machte Del Rey nun Details über den Rechtsstre­it öffentlich: Nachdem Gespräche gescheiter­t sind, verlangen Radiohead demnach vor Gericht 100 Prozent der Verlagstan­tiemen. Gegen den musikalisc­hen Vergleich verwahrte sich die Sängerin: „Ich weiß, dass mein Song nicht von ,Creep‘ inspiriert ist.“

Mit ihrer Hymne hatten sich Radiohead einst freilich selbst einen Prozess eingehande­lt. Ein Gericht sah 1993 als erwiesen an, dass „Creep“stark an den alten HolliesHit „The Air That I Breathe“erinnere. Albert Hammond und Michael Hazlewood werden seither als Koautoren geführt.

Katy Perry, Robin Thicke, Shakira: Viele prominente Grammy-Kandidaten mussten sich in den vergangene­n Jahren ein Faible für das Abkupfern bei fremden Melodien vorwerfen lassen. Um welche Summen es beim Entdecken verdächtig­er Songähnlic­hkeiten gehen kann, zeigte sich zuletzt bei Popstar Ed Sheeran: 20 Mill. US-Dollar verlangten zwei Autoren, die ihm vorwarfen, den Hit „Photograph“abgeschrie­ben zu haben. Über den Preis der Einigung wurde nichts bekannt.

Als Einschnitt in der Geschichte der Plagiatskl­agen gilt unterdesse­n die Summe, zu der Robin Thicke und Pharrell Williams 2015 verurteilt wurden: 7,4 Millionen US-Dollar sollten sie an die Erben von Soul-Ikone Marvin Gaye zahlen, wegen enger Verwandtsc­haft ihrer Single „Blurred Lines“mit Gayes „Got to Give It Up“. Seit diesem Urteil, sagte Plagiatsex­perte Christian Siddell dem „Guardian“, sei die Zahl der Urheberrec­htsklagen in den USA massiv gestiegen.

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BILD: SN/AFP Lana Del Rey muss sich mit Plagiatsvo­rwürfen auseinande­rsetzen.

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