Salzburger Nachrichten

Zum 600. Mal springt Tosca in den Tod

Die Wiener Staatsoper feiert ein Jubiläum: Seit 1958 wird die Inszenieru­ng der Puccini-Oper von Margarete Wallmann gezeigt.

- Oper: „Tosca“von Giacomo Puccini, Regie: Margarete Wallmann, Wiener Staatsoper, 12. Jänner, 13. und 16. Juni.

WIEN. Sie läuft und läuft und läuft … Und das ist keine gegenderte Autowerbun­g, sondern gilt für die Wiener „Tosca“. Irgendwie war sie immer da: Diese „Tosca“an der Staatsoper in der Inszenieru­ng von Margarete Wallmann steht quasi unter Denkmalsch­utz, wie auch zum Beispiel Otto Schenks „Rosenkaval­ier“oder Franco Zeffirelli­s „La Bohème“, die allesamt mit der Patina der 1960er-Jahre ihre ungebroche­ne Wirkung entfalten und Generation­en von Besuchern – und auch Sängern – prägten. Jeder Direktor war gut beraten, die Opern im Repertoire zu halten und höchstens mitunter die Kulissen aufzufrisc­hen. Am kommenden Freitag findet in der Wiener Staatsoper die 600. Aufführung von Puccinis Opernthril­ler „Tosca“in der Ausstattun­g von Nicola Benois statt, die Premiere war am 3. April 1958!

Puccinis Opernreiße­r bringt Publikum, darauf setzt sogar Christian Thielemann bei den kommenden Osterfests­pielen in Salzburg. Experiment­e mag man nicht, und Regisseure, die sich daran „vergreifen“, werden abgestraft. Das passierte Luc Bondy in New York, wo man an der Met gerade seine ungeliebte „Tosca“entsorgte und durch eine neue ersetzte. Da entstehen Hintergrun­dgeschicht­en, denn in New York triumphier­te Sonya Yoncheva bei der Silvesterp­remiere in der Titelrolle (ab April singt an der Met Anna Netrebko ihre erste Tosca). Yoncheva war eigentlich jetzt für Wien vorgesehen, wurde aber nach der Absage von Kristine Opolais von Dominique Meyer an Intendante­nkollegen Peter Gelb „verborgt“. Wobei an der Met auch noch Jonas Kaufmann und Bryn Terfel angekündig­t waren, beide sagten gesundheit­sbedingt ab. Wien konnte wiederum auf Angela Gheorghiu bauen, eine verlässlic­he Tosca „vom Dienst“. Und die letzte Diva, in ihrem eigenen Weltbild. Unvergesse­n ihr letzter Wiener ToscaAuftr­itt im April 2016, als sie Jonas Kaufmann nach dem herbeigeju­belten Dacapo seiner Cavaradoss­i-Arie „E lucevan le stelle“hängen

Es leuchten die Sterne nur, wenn sie da sind

ließ und nicht erschien auf dem Dach der Engelsburg. Der deutsche Tenorissim­o reagierte mit Humor und Charme. Auf YouTube wurde die amüsante Szene seither von Hunderttau­senden geklickt.

Dieses Mal war jedenfalls dafür gesorgt, dass ihr keiner die Show stehlen konnte: Angela Gheorghiu erschien auch pünktlich oben auf der Engelsburg, als Massimo Giordano als Cavaradoss­i seine herzzerrei­ßende Abschiedsa­rie an die Sterne beendet hatte – und niemand an ein Dacapo dachte. Der italienisc­he Tenor hatte nicht seinen allerbeste­n Tag an diesem Montag bei der 599. „Tosca“-Aufführung, die eigentlich gute Voraussetz­ungen für eine ordentlich­e Wiener Repertoire­vorstellun­g geboten hätte. Neben dem Fanclub der rumänische­n Sopran-Diva hatte auch der Scarpia für Zustrom – und Autogramms­ammler – gesorgt. Erwin Schrott, viril wie immer, sang den Bösewicht, der in höchster Not von Tosca erstochen wird. Und er hatte auch als Einziger mit seinem markanten Bassbarito­n kein Problem mit dem Orchester, das – wie auch die Bühne – vom 77-jährigen Dirigenten Jesús López Cobos arg im Stich gelassen wurde. Der Spanier dirigierte völlig ungerührt und teilnahmsl­os, ein Wunder, dass nichts Gröberes passierte.

Verlass war auf die bewährten Kräfte des Hauses, von Clemens Unterreine­r als Angelotti bis Alexandru Moisiuc als Mesner und natürlich Chor und Kinderchor. „Tosca“Nummer 599 ist also abgehakt, jetzt wartet die Jubiläumsa­usgabe – möge sie besser gelingen.

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BILD: SN/STO/MICHAEL PÖHN „Tosca“vom Dienst: Angela Gheorghiu in Wien.

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