Wohin mit dem Müll unserer Wohlstandsgesellschaft?
Das Vermeiden von Müll ist nicht nur aus Sicht des Umweltschutzes zwingend geboten. Es ist auch wirtschaftlich vernünftig.
Unsere Konsumgesellschaft verursacht täglich einen riesigen Müllberg, der einerseits vielfach vermeidbar wäre, andererseits oft ungenügend entsorgt wird. Dafür verantwortlich sind neben der ungehemmten Konsumsucht einer Wohlstandsgesellschaft auch Industrie und Handel, die uns zum Kauf verführen oder sogar „zwingen“. So musste unlängst Apple zugeben, dass die Batterien von iPhones bewusst gedrosselt werden, um die Konsumenten zum Kauf neuer Modelle zu bewegen. Noch schlimmer ist Apples Eingeständnis, dass iPhones nur auf zwei Jahre Haltbarkeit ausgelegt sind, also weit weniger als technisch möglich. Ökonomisch ist unnötiger Müll eine Verschwendung, umweltpolitisch ist er eine Katastrophe.
Nehmen wir den Verpackungsmüll. Die EU erzeugt pro Einwohner 31,1 Kilogramm Verpackungsmüll, in Summe fast 16 Millionen Tonnen. Spitzenreiter ist Irland mit mehr als 60 Kilogramm, Österreich liegt bei 34. Dass es auch anders geht, zeigt Schweden mit 23,6 Kilogramm. 40 Prozent des europäischen Verpackungsmülls werden wiederverwertet. Der Rest geht nach China (7,5 Mill. Tonnen), in Entwicklungsländer, auf Müllhalden oder wird ins Meer geworfen – laut Forschern acht Millionen Tonnen pro Jahr. Dort schwimmen riesige Plastikteppiche, der Abfall sinkt auch in die Tiefe und bedroht das Ökosystem. Die EU und andere Industriestaaten haben zudem ein unmittelbares Problem mit ihrem Plastikmüll. Ab heuer hat China die Einfuhr von Altkunststoffen untersagt, ab 2019 ist der Import von Müll generell verboten. Besonders betroffen ist Großbritannien, das bisher 2,7 Millionen Tonnen Verpackungsmüll nach China exportierte. Umweltminister Michael Gove war nach eigenen Aussagen das Problem nicht bewusst, er war wohl zu sehr mit der Brexit-Werbung beschäftigt.
Nicht minder problematisch ist eine andere Müllkategorie: Laut UNO-Schätzungen fallen jährlich 44,7 Millionen Tonnen Elektroschrott an – Kühlschränke, Handys, Computer, Batterien. Die Tendenz ist stark steigend, plus acht Prozent allein in den vergangenen zwei Jahren. Das entspricht einer Lkw-Flotte, die den Äquator zu drei Viertel umspannen würde. Weltweit werden nur 20 Prozent des Elektroschrotts wiederverwertet, obwohl darin 55 Mrd. Euro an wertvollen Rohstoffen enthalten sind. Obwohl in der EU überdurchschnittlich viel recycelt wird, sind wir mit 16,6 Kilogramm Elektroschrott pro Person Spitzenreiter. Hauptproblem ist aber, dass drei Viertel des weltweiten Elektroschrotts (34,1 Mill. Tonnen) gehandelt, illegal entsorgt oder unsachgemäß recycelt werden. In Westafrika ist eine Müllindustrie entstanden, die riesige Gesundheits- und Umweltprobleme zur Folge hat. Trotz Verboten kommt der Großteil des westafrikanischen Elektromüll-Imports aus der EU. So schätzt die UNO, dass Elektroschrott um 17,4 Mrd. Euro illegal verschifft wird. Hier sind die Industriestaaten gefordert, nicht zuletzt moralisch.