Er hat das Christentum therapeutisch gewendet
Europäische Akademie der Wissenschaften erinnert an einen charismatischen Vordenker.
Am 6. Jänner dieses Jahre wäre er 100 Jahre alt geworden. Tatsächlich hat der Priester, Fundamentaltheologe und Religionsphilosoph ein durchaus biblisches Alter von 96 Jahren erreicht.
Der kleine Mann mit der leisen Stimme war eine einzigartige Persönlichkeit im deutschsprachigen philosophischen und theologischen Denken. Sein Romano-Guardini-Lehrstuhl in München, den er von 1976 bis 1986 innehatte, war der Philosophischen Fakultät zugeordnet. Mit mehr als 100 Büchern und als charismatischer Vortragsredner erreichte er Breitenwirkung.
„Etwas Geistiges machen“– das wollte der aus einem badischen Dorf im Kaiserstuhl stammende Mann schon immer. Der Glaube war für ihn in erster Linie eine existenzielle Erfahrung und nicht ein abstraktes System dogmatischer oder moralischer Lehrsätze. Biser warb für ein Christentum, das er vorrangig als therapeutische Religion verstanden hat. Jesus galt ihm als „größter Revolutionär der Religionsgeschichte“. Denn er habe das Angstmachende und Schreckenserregende aus dem Gottesbild der Menschheit getilgt und dafür das Antlitz des bedingungslos liebenden Vaters enthüllt.
Wegen einer Bemerkung über Adolf Hitler verurteilte ein Kriegsgericht den Soldaten des Zweiten Weltkriegs zu einem Himmelfahrtskommando, das die meisten seiner Einheit nicht überlebten. Biser selbst kehrte aus der Schlacht um Stalingrad schwer verwundet heim – als entschiedener Pazifist.
„100 Jahre Eugen Biser“in Salzburg: Am kommenden Sonntag, 14. Jänner, um 18.00 Uhr, erinnert die Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste im Sacellum, Herbert-von-Karajan-Platz 8, 5020 Salzburg, an Eugen Biser. Impulsreferate: Regina RadlbeckOssmann, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: „Bisers Christologie“, Paul Kirchhof, Universität Heidelberg:„Religion – Recht – Freiheit“.