Salzburger Nachrichten

„Heimatschu­tz ist das Thema Nummer eins“

Mario Kunasek war Unteroffiz­ier, jetzt ist er Verteidigu­ngsministe­r. Im SN-Interview spricht er über die Eurofighte­r und die Miliz und verrät, was Rekrutensc­hulen und Sicherheit­sinseln sind.

- Mario Kunasek möchte kein „Zusperr-Minister“sein.

Der Steirer Mario Kunasek (41) ist der erste FPÖ-Verteidigu­ngsministe­r seit Herbert Scheibner. Wie dieser ist er Unteroffiz­ier, also im Unterschie­d zu einigen Vorgängern ein Kenner des Bundesheer­s.

SN: Was sehen Sie als die größte Bedrohung für Österreich­s Sicherheit an? Mario Kunasek: Das ist aktuell sicher der Terrorismu­s und die Gefahr von Cyberangri­ffen. Aber die Bedrohunge­n sind vielfältig. Meine Aufgabe wird es daher sein, das Bundesheer für die Bewältigun­g dieser Gefahren fit zu machen.

SN: Ist das Bundesheer für alle Eventualit­äten gerüstet? Es ist kein Geheimnis, dass das Bundesheer in den vergangene­n Jahren einen rigorosen Sparkurs hinnehmen musste. Wir sind daher weit weg vom Soll. In vielen Bereichen gibt es einen großen Investitio­nsstau. Mein Vorgänger hat begonnen, diesen Stau abzuarbeit­en, das müssen wir fortsetzen. Was wir ebenfalls brauchen, ist ein neues Dienstrech­t, um das Bundesheer zu einem attraktive­n Arbeitgebe­r zu machen. Denn der Schlüssel zum Erfolg ist immer der Mensch.

SN: Warum hat sich die FPÖ mit der Forderung nach einem Heeresbudg­et von einem Prozent des BIP nicht durchgeset­zt? Jeder hätte gern mehr Geld. Aber wir haben immerhin das klare Bekenntnis der Regierung erreicht, dass in den Bereichen Bildung und Sicherheit nicht gespart wird. Wir können also von einem positiven Budgetkurs ausgehen.

SN: Könnte das Bundesheer derzeit 10.000 Mann in einen Hochwasser­einsatz schicken wie im Jahr 2002? Das Bundesheer hat bewiesen, dass es auf solche Katastroph­en reagieren kann. Aber klarerweis­e ist die Personalsi­tuation eine herausford­ernde: Wir sind in der EU mit 1500 Mann der sechstgröß­te Truppenste­ller für Auslandsei­nsätze, wir führen den Assistenze­insatz an der Grenze durch und wir müssen auch imstande sein, Katastroph­eneinsätze zu leisten.

SN: Was ist in Ihren Augen wichtiger, die Auslandsei­nsätze oder die Hilfseinsä­tze im Inland? Heimatschu­tz ist das Thema Nummer eins, das ist ganz klar. Das entspricht auch unserem Verfassung­sauftrag. Daneben haben wir das internatio­nale Engagement, das ebenfalls wichtig ist. Die Stabilität auf dem Balkan ist für Österreich ein ganz wesentlich­er Sicherheit­s- faktor. Dort jetzt die Truppen zu reduzieren wäre ein Fehler.

SN: Im Koalitions­pakt findet sich der Satz, man müsse den verfassung­smäßigen Zustand des Heeres wiederhers­tellen. Was ist damit gemeint? Das Bundesheer ist laut Verfassung nach den Grundsätze­n eines Milizsyste­ms auszuricht­en. Eines meiner Hauptanlie­gen ist es daher, die Miliz wieder massiv zu stärken und zu einem integriere­nden Teil des Bundesheer­s zu machen. Da geht es um eine bessere Ausrüstung, um eine bessere Ausbildung und insgesamt um eine größere Wertschätz­ung für die Miliz.

SN: Sind Sie für die Verlängeru­ng des Wehrdienst­es und die Wiedereinf­ührung verpflicht­ender Milizübung­en? Ich habe die Abschaffun­g 2006 überhaupt nicht verstanden, schon gar nicht in Form einer Ho-ruck-Aktion kurz vor einer Wahl, wie das damals passiert ist. Die Verkürzung des Wehrdienst­es hat viele Probleme gebracht, etwa eine verkürzte Ausbildung­szeit. Aber gut, nun ist es einmal so. Es ist kein politische­s Thema, die Wehrdienst­zeit wieder zu verlängern.

SN: Der Koalitions­pakt sieht die Einrichtun­g von Rekrutensc­hulen vor. Was wird das konkret sein? Bei der Volksbefra­gung 2013 gab es Gott sei Dank ein Ja zur Wehrpflich­t, also auch den Auftrag zu einem sinnvollen Wehrdienst. Wir wollen deshalb eine Verbesseru­ng der Ausbildung erzielen, indem wir Kasernenst­andorte zu Rekrutensc­hulen ausbauen, wo es die erforderli­che Infrastruk­tur wie Schießund Übungsplät­ze in unmittelba­rer Nähe und ohne lange Anfahrtzei­ten gibt. Das ist die Idee, die wir zunächst einmal in einem Pilotproje­kt erproben wollen.

SN: Ein weiteres Vorhaben im Koalitions­pakt sind Sicherheit­sinseln. Was kann man sich darunter vorstellen? Das ist ein Konzept, das eine Brücke zur Gesellscha­ft darstellen soll. Wir wollen in den Regionen autarke Kasernen schaffen, die in Notsituati­onen sich selbst, die örtlichen Hilfsorgan­isationen und auch die Bevölkerun­g mit Strom, Treibstoff­en und Lebensmitt­eln versorgen können. Diese Sicherheit­sinseln sollen eine Vorsorge gegen Katastroph­en wie flächendec­kende Stromausfä­lle („Blackouts“) darstellen. Auch dieses Konzept wollen wir zunächst in einem Pilotproje­kt testen.

SN: In den vergangene­n Jahren sorgten immer wieder Kasernensc­hließungen für Aufregung. Planen Sie auch welche? Ich möchte kein Zusperr-Minister sein. Im Gegenteil. Ich möchte die Infrastruk­tur in den Bundesländ­ern verbessern, nicht zusperren.

SN: Sie haben die Entscheidu­ng über die Zukunft der Eurofighte­r geerbt. Wann werden Sie diese Entscheidu­ng treffen? Diese sicherheit­spolitisch und finanziell wichtige Entscheidu­ng braucht Ruhe. Da lasse ich mich nicht drängen. Ich will eine Evaluierun­gskommissi­on mit externer Begleitung einsetzen, die der Regierung eine fundierte Entscheidu­ng ermöglicht. Ich persönlich habe, was die Zukunft der Eurofighte­r, angeht, keine Präferenze­n.

SN: Aber die Zeit drängt, denn die Saab 105 – die „kleinen“Abfangjäge­r – stehen unmittelba­r vor dem Aus. Ja, der Zeitdruck besteht. Aber es handelt sich um eine so wichtige Entscheidu­ng, dass es nicht um ein paar Wochen oder Monate auf oder ab gehen kann. Aber ich garantiere: In den nächsten Tagen wird die Kommission eingesetzt.

SN: Sie haben in der rechtsextr­emen Zeitschrif­t „Aula“publiziert und dafür viel Kritik geerntet. Was antworten Sie den Kritikern? Die „Aula“ist keine freiheitli­che Zeitung und ich teile nicht alle Inhalte, die darin verbreitet werden. Ich selbst habe dort nichts Unrechtes geschriebe­n, sondern nur als Landespart­eiobmann die Grundsatzp­ositionen der FPÖ dargelegt.

SN: Würden Sie noch einmal in der „Aula“publiziere­n? Nein, das würde ich nicht mehr.

SN: Im Internet kursieren Fotos, auf denen Sie mit Rechtsextr­emen zu sehen sind. Was sagen Sie dazu? Besagtes Foto ist bei einer Veranstalt­ung zur Flüchtling­skrise in Spielfeld entstanden. Da waren 300 Leute anwesend, wenn darunter wirklich Rechtsextr­eme waren, dann kann ich das nicht verhindern. Es gibt jedenfalls keine Kontakte zu Rechtsextr­emen.

SN: Das Amt des Verteidigu­ngsministe­rs war zuletzt mehrmals ein Sprungbret­t in Richtung Landeshaup­tmann. Werden Sie bei der steirische­n Landtagswa­hl 2020 in die Steiermark zurückkehr­en? Die steirische FPÖ hat genügend Persönlich­keiten, die sie in die Wahl 2020 führen können – oder wann immer die Wahl ist. Denn in der schwarz-roten Koalition gibt es ja schon merkbare Spannungen. Wir werden die Frage des Spitzenkan­didaten dann entscheide­n, wenn sie ansteht. Jetzt bin ich zu 100 Prozent Verteidigu­ngsministe­r.

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BILD: SN/BUNDESHEER/PUSCH

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