Salzburger Nachrichten

Im Labor gedeiht kein Drama

Nicole Kidman und Colin Farrell in „The Killing of a Sacred Deer“.

- The Killing of a Sacred Deer. Drama, Großbritan­nien/Irland 2017. Regie: Yorgos Lanthimos. Mit Colin Farrell, Nicole Kidman, Barry Keoghan, Alicia Silverston­e. Start: 12. 1.

WIEN. Menschlich­e Beziehunge­n unter Laborbedin­gungen: Wenn A mit x droht, wie reagiert B? Im Film „The Killing of a Sacred Deer“von Yorgos Lanthimos liegt der labormediz­inische Vergleich nahe, weil der Protagonis­t (gespielt von Colin Farrell) Chirurg ist. Vor allem aber, weil alle hier so künstlich agieren, als müssten sie sich sehr konzentrie­ren, nicht loszulache­n (oder loszuweine­n).

Die Konstellat­ion ist folgende: Dem Chirurgen ist am Operations­tisch ein Patient gestorben. Der Teenagerso­hn des Patienten hat Kontakt mit dem Chirurgen aufgenomme­n, der aus schlechtem Gewissen zu regelmäßig­en Treffen einwilligt. Seinen eigenen Kindern, einem Teenagermä­dchen und einem kleinen Buben, ist er ein strenger Vater. Und dann ist da noch seine Frau (gespielt von Nicole Kidman), die den Chirurgen unterstütz­t, wo sie nur kann. Nun beginnt der Patientens­ohn allerdings, den Chirurgen zu erpressen: Er solle aus Fairnessgr­ünden – Auge um Auge – ein Mitglied seiner eigenen Familie töten, sonst werden alle drei langsam und qualvoll vergiftet.

In Yorgos Lanthimos’ letztem Film „The Lobster“war eine dermaßen verfremdet­e Zwischenme­nschlichke­it in eine dystopisch­e Parallelwe­lt versetzt worden.

Dort konnten Liebesbezi­ehungen nur unter ganz bestimmten mythisch aufgeladen­en Regeln begonnen werden. Bereits in „The Lobster“war Hollywoods­tar Colin Farrell der ins grauenvoll­e Dasein geworfene Protagonis­t gewesen, und spätestens seither ist der griechisch­e Regisseur nicht mehr nur einer kleinen Gruppe an Autorenfil­mfans ein Begriff.

„The Lobster“war vor allem aufgrund seiner Merkwürdig­keit unvergessl­ich, ein streckenwe­ise ärgerliche­s Wunderwerk, wenn auch ohne jene tiefe Erkenntnis, die der Film suggeriert­e.

Ähnlich ist es nun mit „The Killing of a Sacred Deer“: Der bedeutungs­schwangere Gestus ist derselbe, die hanekehaft­e Ausweglosi­gkeit ist hier noch drastische­r.

Aber die Metaphorik ist hier wie dort schwerfäll­ig und hält längerem Nachdenken nicht stand. „The Killing of a Sacred Deer“hält sich für klüger, als er ist, und dafür ist der Film mit zwei Stunden schlicht zu lang. Film:

 ?? BILD: SN/THIMFILM ?? Nicole Kidman, Colin Farrell.
BILD: SN/THIMFILM Nicole Kidman, Colin Farrell.

Newspapers in German

Newspapers from Austria