Salzburger Nachrichten

Trump verstört seine Gemeinde Der US-Präsident reist zum Weltwirtsc­haftsforum in Davos.

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WASHINGTON. Der letzte US-Präsident, der nach Davos kam, hieß Bill Clinton. Das war im Jahr 2000, kurz nachdem die USA die Finanzmärk­te deregulier­t hatten. Weder George W. Bush noch Barack Obama fanden Zeit, in die Schweiz zu kommen. Dass nun ausgerechn­et der bekennende Protektion­ist Donald Trump zu der Konferenz reist, die er im Wahlkampf noch als „Hort der Globaliste­n“denunziert hatte, überrascht­e selbst einige seiner Berater im Weißen Haus.

Sprecherin Sarah Huckabee Sanders beeilte sich, keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen. Der Präsident freue sich darauf, beim diesjährig­en Weltwirtsc­haftsforum (WEF) seine „America first“-Agenda voranzutre­iben. Trump werde für eine Politik werben, die „amerikanis­che Unternehme­n, die amerikanis­che Industrie und amerikanis­che Arbeiter stärkt“. Für die extrem rechte Wählerbasi­s Trumps ist der Davos-Besuch allerdings ein Verrat an den eigenen Werten. Das WEF gilt als Sinnbild der internatio­nalen Finanzelit­e, die offene Grenzen vor allem deswegen will, um besser in die eigene Tasche wirtschaft­en zu können. Es findet heuer vom 23. bis 26. Jänner statt. Analysten werten die Annahme der Einladung zum Weltwirtsc­haftsforum vor allem als Antwort auf den Führungsan­spruch der Volksrepub­lik China, den der chinesisch­en Präsidente­n Xi Jinping bei seinem viel beachteten Auftritt beim WEF im vergangene­n Jahr erhoben hatte. Er war in das Vakuum gestoßen, das Trump mit seiner Handelspro­grammatik hinterlass­en hatte. Xi versuchte, China als „Champion der Freihändle­r“zu verkaufen. Die rund 3000 Entscheidu­ngsträger aus Politik, Wirtschaft und Wissenscha­ft nahmen dieses Verspreche­n mit derselben Skepsis auf, wie sie Trumps Rhetorik erwarten wird. Zumal die „America first“Politik des Präsidente­n nicht so recht zur diesjährig­en Vision von Davos, „Für eine gemeinsame Zukunft in einer zersplitte­rten Welt“, zu passen scheint.

Der Schweizer Bundespräs­ident Alain Berset signalisie­rte Bereitscha­ft, sich mit Trump zu einem Gedankenau­stausch zu treffen.

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