Die Visite des Papstes in Chile ist umstritten
Franziskus stellt das Schicksal der Ureinwohner in den Vordergrund.
SANTIAGO. Nach Brandanschlägen und Bombendrohungen auf Kirchen kurz vor der Ankunft von Papst Franziskus in Chile hat die Regierung die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Große Polizeiaufgebote sichern die drei Städte Santiago, Temuco und Iquique, die der Papst zwischen heute, Montag, und Donnerstag besuchen wird, bevor er weiter nach Peru reist. Vor allem die Messe am Dienstagvormittag im O’Higgins-Park in der Hauptstadt Santiago gilt als Risikoveranstaltung, da dort 400.000 Menschen erwartet werden.
Präsidentin Michelle Bachelet bezeichnete die Attacken auf die Gotteshäuser als „seltsam“. In einer Demokratie könne jeder seine Meinung äußern, solange es friedlich und angemessen sei. Ihr gewählter Nachfolger Sebastián Piñera sagte: „Hass und Intoleranz dürfen den Rechtsstaat nicht besiegen. Begrüßen wir den Papst mit Freude und in Frieden.“In der Nacht auf Freitag hatten Unbekannte an drei Gotteshäuser im Zentrum von Santiago Feuer gelegt und die Gebäude mit kirchenfeindlichen Graffiti versehen. Hinter den Anschlägen vermuten die Behörden radikale Kreise der Mapuche-Ureinwohner oder linke Gruppierungen. Die Behörden veröffentlichten ein Bekennerschreiben, in dem es heißt, man werde sich niemals fremder Dominanz beugen und sich „gegen jede Religion und Prediger“wehren. Unterzeichnet ist das Schreiben mit der Parole „Wallmapu libre“– Freiheit für das Land der Mapuche.
Die chilenischen Ureinwohner kämpfen im Süden des Landes seit Langem für Autonomie und die Rückgabe historischer Gebiete. Franziskus reist am Mittwoch für rund drei Stunden in die Araucanía, 700 Kilometer südlich von Santiago. Der Kurztrip in das Mapuche-Kernland ist in Chile sehr umstritten. Nicht alle Ureinwohner heißen den Papst willkommen. Auch die konservativen Kreise der katholischen Kirche und Teile der Bevölkerung lehnen die Geste gegenüber den als rebellisch angesehenen Indigenen ab.
Zum anderen wird der Drei-Tages-Trip auch wegen der Kosten kritisiert. Viele Chilenen verstehen nicht, warum die Visite, die den Papst auch in den extremen Norden Chiles führen wird, insgesamt 14 Millionen Dollar kosten und warum einen Großteil davon die Staatskasse zahlen muss.
In dem südamerikanischen Land hat die katholische Kirche in den vergangenen Jahren viel Ansehen verloren.
Nach einer am Freitag veröffentlichten Studie des Umfrageinstituts Latinobarómetro ist Chile das Land Lateinamerikas mit dem geringsten Vertrauen in die katholische Kirche. Auch genießt Jorge Bergoglio nirgends in der Region weniger Ansehen als in dem Andenstaat. Das war vor rund 30 Jahren noch anders. In Zeiten der Pinochet-Diktatur (1973 bis 1990) war die katholische Kirche ein wichtiger Unterstützer von Opposition und den Opfern der Gewaltherrschaft. Aus dieser Zeit datiert auch der letzte Besuch eines Pontifex. Papst Johannes Paul II. besuchte den schmalen und langen Andenstaat 1987.
Die zweite Station der Pastoralreise ist Peru. Hier kann Franziskus mit einem herzlicheren Empfang rechnen als in Chile. Im nördlichen Nachbarland bezeichnen sich rund 77 Prozent der knapp 32 Millionen Einwohner als katholisch. Auch in Peru nimmt ein Treffen des Papstes mit Ureinwohnern einen wichtigen Platz im Programm ein. Am Freitag (19. Januar) wird er im AmazonasGebiet mit Angehörigen indianischer Völker zusammentreffen. Da die Stadt Puerto Maldonado im Grenzgebiet zwischen Bolivien und Brasilien liegt, werden auch Ureinwohner der Nachbarstaaten erwartet.