Autoshow zeigt vor allem Spritschlucker
Die erste Automesse des Jahres offenbart die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit.
Chevrolet bringt es bei der heurigen Automesse in Detroit auf den Punkt. Der Konzern präsentiert dort den Silverado, einen Drei-Tonnen-Truck mit Pritsche, dessen größte Neuerung darin besteht, dass er jetzt 200 Kilo leichter geworden ist. Alan Batey, Vizepräsident bei General Motors, wozu Chevrolet gehört, sagte dazu: „Wir tragen Verantwortung. Und wir haben uns dem Elektroauto verschrieben. Aber gleichzeitig haben wir ein Geschäft mit Trucks.“Damit bringt der Automanager auf den Punkt, dass zwischen der Realität auf den Straßen und den Prophezeiungen eines Elektrozeitalters im Straßenverkehr noch eine gewaltige Lücke klafft, besonders in den USA. Und so werden bei der Autoshow in Detroit spritschluckende SUVs und Trucks präsentiert und gleichzeitig Milliardeninvestitionen in die E-Mobilität angekündigt. So will Ford bis 2022 mehr als neun Milliarden Euro in elektrifizierte Modelle investieren. Die Autos der Zukunft hat man vergangene Woche bei der Elektronikmesse CES in Las Vegas gesehen: EAutos und Selbstfahrer.
Mehr beim Alten bleibt man auch in Österreich. Hier hat die neue Umweltministerin Elisabeth Köstinger gemeint, sie wolle an dem Steuerprivileg für Diesel festhalten. Gleichzeitig bezeichnete sie die Panikmache, Tempo 100 abzuschaffen und das Geschwindigkeitslimit zu erhöhen, als „Schwachsinn“.
„Wir haben angekündigt, jede Modellreihe zu elektrifizieren.“ Dieter Zetsche, Mercedes-Chef Köstinger hält am Dieselprivileg fest
Die Automesse in Detroit, das erste große Treffen der Branche im Jahr, wird von Gegensätzen geprägt: Einerseits ist der Elektroantrieb das Thema, an dem kein Hersteller vorbeikommt. So weit die Zukunftsmusik. Andererseits wird der mit 17,2 Millionen Neuzulassungen 2017 nur leicht geschrumpfte, aber konstant hohe US-Markt weiter von den schweren Pick-ups wie Ford F-150, Dodge Ram und Chevrolet Silverado neben japanischen Konkurrenten dominiert.
Freilich greifen die Amerikaner vermehrt auf Diesel zurück, um kommende CO2-Ziele zu erreichen, und Ford führt sogar den in Europa populären und in Asien gebauten Ranger, der bisher als „zu klein“galt, im Heimmarkt ein. Ford-Vizepräsident Jim Farley kündigte zudem an, bis 2022 mehr als neun Milliarden Euro in elektrifizierte Modelle zu investieren. Gleichzeitig zeigt Ford im „alten“Detroit ohne mit der Wimper zu zucken seinen meistverkauften Pick-up F-150 mit Dieselantrieb – obwohl dem Konzern gerade dort erneut AbgasTricksereien vorgeworfen werden – oder PS-starke Mustangs. Wie gesagt, der Graben zwischen der Realität auf den Straßen und den Ankündigungen ist tief und breit.
Automarkt-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR) meinte im Vorfeld der Autoshow daher trocken: „In Detroit trifft sich die Welt von gestern – und die wird immer kleiner.“Die Autos von morgen dagegen seien auf der CES in Las Vegas gezeigt worden: Elektro- SUV und autonome Fahrzeuge.
Volkswagen jedenfalls will mehr als zwei Jahre nach Bekanntwerden seines Diesel-Abgasbetrugs in den USA hier wieder durchstarten, Markenchef Herbert Diess nannte das optimistische Ziel von fünf Prozent Marktanteil (derzeit zwei). Mit dem neuen Jetta wird die populäre Limousine für den US-Markt neu lanciert. Dafür wird VW fast drei Milliarden Euro nur in das NordamerikaGeschäft investieren.
Auch Österreich war zum Auftakt der Automesse in Detroit stark vertreten. Vielleicht wissen einige Amerikaner daher jetzt, was in der Steiermark groß und stark macht. Zumindest können sie das glauben, nachdem ihnen Mercedes zur Premiere der neuen, in Graz produzierten G-Klasse am Vorabend der Messe Langzeit-Fahrer Arnold Schwarzenegger und Zirbenschnaps präsentierte. „Ich fahre seit 25 Jahren die G-Klasse, habe seit Kurzem sogar eine Elektroversion in Los Angeles (der oberösterreichischen Brüder Kreisel, Anm.), und wir haben etwas gemeinsam: Über die Jahre bekamen wir beide immer mehr Muskeln. Wir sind wie Zwillinge“, scherzte der 70-jährige Steirer und Ex-Gouverneur von Kalifornien bei seinem Auftritt im Michigan Theatre – auch in Anspielung auf seinen Filmhit „Twins“.
Seit 1979 wird die G-Klasse, der Ursprung aller Mercedes-Geländewagen, im Joint Venture mit Magna Steyr (früher Steyr-Daimler-Puch) in Graz gebaut, der aktuelle Vertrag läuft bis 2020. Die Entwicklung entspringt der Kooperation von Magna mit Mercedes und ist in Graz angesiedelt. Und was ein echter Geländeroboter können muss, das zeigte Daimler-Konzernchef Dieter Zetsche in einem Video von den Testfahrten auf der „Hausstrecke“des Schöckl nahe Graz: „Die G-Klasse ist und bleibt der Offroad-Meister.“
Im Vorjahr wurden mehr als 20.000 Stück verkauft, nun kommt die zehnte Generation. Zetsche: „Es gibt nur drei Teile, die von der bisherigen Version übernommen wurde. Alles andere ist neu.“Und um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, ergänzte der frühere DaimlerChrysler-Chef in den USA: „Unsere G-Klasse ist kein Marketing-Stunt.“Die neue hat 55 Prozent mehr Steifigkeit und 177 Kilogramm weniger Gewicht, blieb aber im Design der Tradition treu, „sie wurde in jedem Detail besser“.
Zetsche kann zu Recht gut gelaunt sein: Mercedes verkaufte im neuerlichen Rekordjahr 2017 über 2,3 Millionen Fahrzeuge und fühlt sich damit als Nummer eins im Premiumsegment. Und auf Schwarzeneggers Frage nach einem künftigen serienmäßigen E-Antrieb antwortete der Konzernchef: „Wir haben schon angekündigt, demnächst jede Modellreihe zu elektrifizieren: Bleib einfach am Ball!“– Realität und Zukunft.
Ein bisschen mehr in der alten Welt bleibt man auch in Österreich. Nachdem Volkswagen-Chef Matthias Müller kürzlich die Steuervorteile für Diesel infrage gestellt und eine Debatte darüber angeregt hatte, meinte die neue österreichische Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, wenn es nach ihr geht, bleibt das sogenannte Dieselprivileg, also die steuerliche Begünstigung des Treibstoffs. „Die Bundesregierung hat versichert, dass es keine neuen Steuern geben wird“, sagte Köstinger der „Tiroler Tageszeitung“(Montag-Ausgabe). Das gelte freilich auch für den Dieseltreibstoff.
Gleichzeitig bezeichnete Köstinger die Panikmache, dass Tempo 100 abgeschafft und das Geschwindigkeitslimit erhöht werden könnte, als „Schwachsinn“. Vielmehr werde nur geprüft, wo eventuell 140 km/h gefahren werden könne, sagt die Umweltministerin. Dass dies laut Experten zu höheren Schadstoffemissionen führt, wollte Köstinger nicht kommentieren. Sie kündigte aber ein umfassendes Mobilitätsund Klimapaket an.
Die Tiroler Grünen zeigen sich „maßlos enttäuscht“davon, dass sich Köstinger nicht für ein Ende des Dieselprivilegs einsetzen will. Denn dadurch könnte Tirol von bis zu 300.000 Umwegetransit-Lkw befreit werden, heißt es.