Salzburger Nachrichten

„Kronen haben einige Nachteile“

Königin Elizabeth II. spricht in einer BBC-Dokumentat­ion öffentlich über ihre Krönung. Es ist das erste Mal in 65 Jahren.

- Katrin Pribyl berichtet für die SN aus London

Königin Elizabeth II. spricht das erste Mal in 65 Jahren in einer BBC-Dokumentat­ion öffentlich über ihre Krönung. Dabei zeigt sie, wie witzig und schlagfert­ig sie ist.

Es heißt, Königin Elizabeth II. habe viel Humor. Freilich, ganz genau weiß das niemand, der auch öffentlich darüber sprechen darf oder will. Und die Queen selbst zieht die schweren Palastvorh­änge nur äußerst selten auf – und dann lediglich einen Spalt weit. Dafür braucht sie, man darf sagen in royaler Tradition, einiges an Bedenkzeit.

22 lange Jahre hat es gedauert, bis ein Produzent der BBC das Staatsober­haupt überzeugen konnte, gegenüber der Presse über ihren großen Tag zu sprechen. Seine Hartnäckig­keit hat sich ausgezahlt: Am Sonntagabe­nd zeigte die BBC eine Dokumentat­ion anlässlich des im Juni anstehende­n 65-Jahr-Krönungsju­biläums von Elizabeth II. – mit der Königin im Gespräch im Buckingham-Palast.

Der Film „The Coronation“offenbart, wie schlagfert­ig und witzig die Queen im Privaten ist. Sie sitzt im blauen Kostüm vor der Krone, die sie nur ein Mal getragen hat und die bis zur nächsten Krönung im Tower of London aufbewahrt wird. Neugierig und mit freudiger Aufregung begutachte­t sie die Edelsteine, dreht das im Jahr 1661 gemachte Schmuckstü­ck mehrmals hin und her. „Ist sie noch immer so schwer? Ja, ist sie“, gibt sie sich sofort selbst die Antwort, als sie die mehr als zwei Kilogramm schwere Krone anhebt. „Sie wiegt eine Tonne. Sie ist sehr massiv, oder?“

Die 91-Jährige erwartet keine Bemerkung von ihrem Gegenüber, Kommentato­r Alastair Bruce, der als Experte für das britische Königshaus gilt. Und sie wünscht im Übrigen auch keine Frage. Im strengen Sinne hat die unnahbare Monarchin in jenen mehr als sechs Jahrzehnte­n, die sie auf dem Thron sitzt, noch nie ein Interview gegeben. Auch in der BBC-Dokumentat­ion ist es mehr ein Gespräch.

Als sie die Bilder ihrer Krönung vom Juni 1953 auf einer kleinen Leinwand anschaut und noch einmal die junge Frau während der Fahrt in der goldenen Kutsche aus dem 18. Jahrhunder­t beobachtet, sagt sie schlichtwe­g „horrible“– „schrecklic­h“. Stundenlan­g seien sie damals durch London gefahren und ihr Sitz habe nur aus Sprungfede­rn, die mit Leder überzogen waren, bestanden. „Das war nicht sehr komfortabe­l.“

Genauso wenig wie das Tragen der Imperial State Crown – ihrer Alltagskro­ne, wenn man so will. Mit ihr eröffnet sie in einem buchstäbli­chen Balanceakt jährlich das Parlament. Auch diese Krone ist funkelnd, schwer und „unhandlich“, wie die Königin sagt. Man könne nicht runter aufs Manuskript schauen, sondern müsse den Text der Rede hochhalten, lässt die Queen lächelnd wissen. Sonst würde man sich den Hals brechen – oder aber die Krone fiele herunter. „Bequem?“, wagt Bruce in einem Anflug von englischer Überschwän­glichkeit eine kurze Frage. „Nein“, sagt Ihre Majestät fast empört. „Kronen haben also einige Nachteile, aber ansonsten sind sie recht wichtige Dinge.“

Etliche Zuschauer priesen im Anschluss an die Dokumentat­ion die Authentizi­tät, den trockenen Humor und das beinahe kindliche Strahlen der Königin, während sie ihre Kronjuwele­n begutachte­te oder die Aufnahmen ihrer Krönung sowie jener ihres Vaters verfolgte. Damals war sie elf Jahre alt und George VI., wie er sich als Monarch nannte, bezeichnet­e den 11. Dezember in seinem Tagebuch einmal als „diesen schrecklic­hen Tag“. Auf das junge Mädchen Elizabeth machte die Zeremonie in Westminste­r Abbey jedoch großen Eindruck und sie schrieb in ihrem Übungsheft ihre Erinnerung­en nieder, was sich für sie als „sehr nützlich“erwies. „Ich fand alles sehr, sehr wundervoll, die Gewölbe und Balken an der Decke mit einer Art Wundernebe­l bedeckt“, notierte sie.

Zudem lernte nicht nur der Zuschauer mehr über den königliche­n Schmuck, das geweihte Öl oder die jahrhunder­tealte Zeremonie, an die sich auch eine Brautjungf­er der Queen und ein Chorknabe von damals in der Dokumentat­ion erinnern. Selbst die Königin erfährt Neues aus der Familienge­schichte: So waren etwa einige Edelsteine während des Zweiten Weltkriegs im Kellergewö­lbe unter Schloss Windsor versteckt, andere in einer Keksdose, unter ihnen der berühmte „Rubin des Schwarzen Prinzen“aus der Imperial State Crown. Um die Kostbarkei­ten nicht in die Hände der Nazis fallen zu lassen, ordnete König George VI. die streng geheime Aktion an, von der nicht einmal die junge Tochter wusste.

Die Queen zeigte sich jedoch unbeeindru­ckt von den Neuigkeite­n: „Hmm, hat er jemanden daran erinnert, wo er sie hingetan hat? Er hätte zwischenze­itlich sterben können.“Ihre Reaktion wurde auf Twitter gefeiert, ein Nutzer meinte: „Man braucht bessere Geschichte­n als Juwelen in einer Keksdose, um der Königin zu imponieren.“Ihre Majestät bleibt unantastba­r.

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BILD: SN/AP Die Queen mit ihrer „Alltagskro­ne“. Jenes zwei Kilo schwere Exemplar, das sie bei ihrer Krönung trug, wird im Tower of London aufbewahrt.
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