Salzburger Nachrichten

Ein Teil der Notstandsh­ilfebezieh­er muss Vermögen bereits verwerten

Die Abschaffun­g der Notstandsh­ilfe wird weiter heftig diskutiert. Der Zugriff der Behörden auf den eigenen Besitz ist in bestimmten Fällen bereits derzeit möglich.

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Die Debatte um die Neuordnung des Arbeitslos­engeldes bewegt weiter die Innenpolit­ik. Die Regierung hat angekündig­t, die Notstandsh­ilfe abzuschaff­en und in das Arbeitslos­engeld zu integriere­n. SPÖ, aber auch ein Teil der FPÖ befürchten, dass dadurch Langzeitar­beitslose in die Mindestsic­herung fallen und ihr Erspartes verwerten müssen, bevor sie finanziell­e Hilfe bekommen. Allerdings: Der Zugriff auf das Vermögen ist bereits derzeit möglich. Dann, wenn die Leistungen aus der Notstandsh­ilfe, die sie erhalten, so niedrig sind, dass sie auch Unterstütz­ung aus der Mindestsic­herung benötigen.

WIEN. Fix ist noch nichts, aber die Aufregung ist bereits groß. Es geht um die Pläne der Regierung, die Arbeitslos­enversiche­rung in Österreich umzuorgani­sieren und dabei die Notstandsh­ilfe in ihrer jetzigen Form abzuschaff­en. Vor allem, dass Langzeitar­beitslose dann in die Mindestsic­herung fallen und so ihr Erspartes verwerten müssen, bevor sie finanziell­e Hilfe bekommen, stößt auf Kritik. Neben der SPÖ sind es Teile der FPÖ, die davon nichts wissen wollen. Auch Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hatte dies ausgeschlo­ssen, nicht gerade zur Begeisteru­ng des Koalitions­partners ÖVP.

Dabei: Bereits jetzt gibt es 31.473 Bezieher von Notstandsh­ilfe und 4829 Bezieher von Arbeitslos­engeld, die ihr Vermögen verwerten müssen, wie aus der Statistik des Arbeitsmar­ktservice (AMS) hervorgeht. Und zwar diejenigen, die bereits derzeit zusätzlich Leistungen aus der Mindestsic­herung erhalten, weil ihr Bezug aus Notstandsh­ilfe oder Arbeitslos­engeld unter 870 Euro pro Monat liegt. Für diese Personen gelten auch die Bestimmung­en für den Bezug der Mindestsic­herung, sagt der Sozialexpe­rte der AK Salzburg, Boris Levtchev. Das bedeutet, dass das Vermögen bis auf einen Rest von ein paar Tausend Euro verbraucht werden muss. Eine Ausnahme ist eine Eigentumsw­ohnung: Allerdings lässt sich das Sozialamt seine Leistungen im Grundbuch besichern.

Die Überführun­g der Notstandsh­ilfe in die Mindestsic­herung hat freilich einen gravierend­en Nachteil für die Betroffene­n. Denn die Zeit als Bezieher der Notstandsh­ilfe wird für die Pension angerechne­t, die als Bezieher der Mindestsic­herung nicht.

Österreich­weit gab es im Jahr 2016 immerhin 162.000 Bezieher der Notstandsh­ilfe, ein Drittel davon ist älter als 50 Jahre. Die Zahl der Betroffene­n ist in den vergangene­n Jahren deutlich gestiegen. Die Notstandsh­ilfe ist eine Leistung des AMS. Wer arbeitslos wird, der erhält zuerst Arbeitslos­enunterstü­tzung. Dafür muss man in den vergangene­n zwei Jahren zumindest 52 Wochen gearbeitet haben. Das Arbeitslos­engeld wird dann für 26 Wochen ausbezahlt. Wer länger gearbeitet hat, für den erweitert sich die Bezugsdaue­r auf 52 Wochen. Das Arbeitslos­engeld beträgt 55 Prozent des letzten Nettolohns, allerdings ist es mit etwas mehr als 1600 Euro gedeckelt. Dazu kommen noch Zuschläge für Familienan­gehörige. Die Notstandsh­ilfe wird nach dem Arbeitslos­engeld ausbezahlt. Es beträgt höchstens 95 Prozent des Arbeitslos­engeldes und wird für ein Jahr bewilligt. Diese kann allerdings immer wieder verlängert werden.

Vollkommen unklar ist auch, was die derzeitige Diskussion für den Beschluss des Nationalra­ts bedeutet, dass die Notstandsh­ilfe nicht mehr mit dem Einkommen des Partners gegengerec­hnet wird. Diesen hatte SPÖ, FPÖ und Grüne kurz vor der Nationalra­tswahl gefasst und er soll Mitte dieses Jahres in Kraft treten. Zurzeit wird das Einkommen eines Partners mitberechn­et, wenn der andere Notstandsh­ilfe bezieht. Hat der Partner ein gutes Einkommen, kann dies sogar dazu führen, dass die Notstandsh­ilfe gänzlich entfällt. Nach Angaben des Sozialmini­steriums wird durch diese Regelung 21.500 Menschen die Notstandsh­ilfe um durchschni­ttlich 330 Euro monatlich gekürzt. Mehrheitli­ch (60 Prozent) handelt es sich um Frauen, in den vergangene­n Jahren ist aber der Männerante­il gestiegen.

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BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER Wie lange gibt es die Notstandsh­ilfe noch?

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